Berlins Amtsärzte haben sich am Mittwoch zu einer gemeinsamen Runde getroffen, um das weitere Vorgehen bei Covid-19 zu besprechen. Die für den Infektionsschutz zuständigen Fachleute aus allen Bezirken außer Tempelhof-Schöneberg waren sich im Vorfeld einig, dass die Gesundheitsämter mehr Personal brauchen, um auf besondere Situationen wie die Ausbreitung des neuen Coronavirus zu reagieren. [Alle Neuigkeiten zu Corona in Berlin erfahren Sie im Liveblog.]
Derzeit ziehe man Mitarbeiter aus diversen Abteilungen der Gesundheitsämter zusammen, darunter beispielsweise auch Gynäkologen und Kinderärzte, heißt es aus einigen Ämtern. Bürger müssten mit „Leistungseinschränkungen“ in verschiedenen Bereichen rechnen.
Beispielsweise fallen in Friedrichshain-Kreuzberg die üblichen Einschulungsuntersuchungen und viele Sprechstunden aus. Auch in Marzahn-Hellersdorf wurden Einschulungs- und Kinderuntersuchungen abgesagt.
Unter besonderer Personalnot leider das Gesundheitsamt Lichtenberg. Für die seit Längerem vakante Amtsleiterstelle sei bisher kein Nachfolger gefunden worden, sagt Ute Geuß-Fosu vom Fachbereich Hygiene und Infektionsschutz, die als kommissarische Leiterin fungiert.
Speziell für den Infektionsschutz habe man außerdem schon vor zwei Jahren eine Stelle ausgeschrieben. Zwei Bewerberinnen hätten nach kurzer Zeit wieder abgesagt – eine davon erst vor Kurzem, als das neue Virus Sars-CoV-2 bekannt wurde.
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Das Bezirksamt Mitte will „heute oder morgen“ eine eigene telefonische Hotline zum Umgang mit Covid-19 schalten und dafür vier Mitarbeiter einsetzen. Die Nummer ist noch nicht bekannt. „Wir machen Volldampf und werfen alles in die Bearbeitung“, sagte Amtsarzt Lukas Murajda am Mittwoch.
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In Steglitz-Zehlendorf seien die vielen Anfragen per E-Mail und Telefon derzeit „das Hauptproblem“, fügte Amtsärztin Eva Bielecki aus Steglitz-Zehlendorf hinzu.
Charlottenburg-Wilmersdorf plane ebenfalls eine zusätzliche Sonder-Rufnummer, sagte die dortige Amtsärztin Nicoletta Wischnewski. Vereinzelt seien Menschen, die sich als gefährdet einstufen, sogar schon in den Fluren des Amtes am Hohenzollerndamm erschienen, obwohl dieses keine Anlaufstelle für solche Fälle sei.
Allein in diesem Bezirk habe es seit dem 27. Januar 68 Verdachtsfälle gegeben, die meisten wurden negativ getestet, einige wenige Ergebnisse stünden noch aus. Bei 16 Personen wurden Abstriche in ihren Wohnungen vorgenommen. Es gab vier Quarantäneanordnungen und ein Tätigkeitsverbot.
Amtsärztin warnt vor „übersteigerter Angst“
Wischnewski trägt selbst bei Untersuchungen von Verdachtsfällen Mund- und Nasenschutz, Schutzbrille, Handschuhen, Kittel und schützt sich mit Händedesinfektionsmittel. Im Zusammenhang mit dem Coronavirus nimmt sie in der Bevölkerung aber eine „übersteigerte Angst“ wahr. Die Gefährlichkeit vergleicht sie mit der „einer schweren Grippe“.
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Täglich melden sich etwa 250 Anrufer beim Gesundheitsamt des Bezirks – da könne es auch mal sein, dass die Leitung der beiden Hotlines besetzt ist, wirbt Wischnewski um Verständnis. Hinzu kämen täglich 30 bis 50 Mails von Bürgern. Bislang habe es um die 30 Anfragen von Veranstaltern gegeben, die Fragen zum Umgang mit Corona hatten.
Amtshilfe in anderen Bezirken
Nachdem am Dienstag eine Corona-Ambulanz an der Charité eröffnet hat, gibt es derzeit auch Pläne für solche Einrichtungen im Bezirk, etwa im Klinikum Westend und im Martin-Luther-Krankenhaus. Eine Sprecherin der Westend-Klinik bestätigte, dass die Ambulanz dort ihre Arbeit in der kommenden Woche aufnehmen soll.
Nach Angaben von Wischnewski verfüge das bezirkliche Gesundheitsamt bei insgesamt 240 Mitarbeitern über drei auf Infektiologie spezialisierte Amtsärzte. Weitere Kräfte könne man nicht mobilisieren, aber im Vergleich zu anderen Bezirken sei man bereits gut aufgestellt, leiste anderswo sogar Amtshilfe.
