Hausärzte weisen Patienten ab – Desinfektionsmittel aus Kliniken gestohlen

Das neuartige Coronavirus hat Berlin erreicht. Aktuell sind sechs Infizierte in der Stadt festgestellt worden. Bei ihnen handelt es sich um eine Frau und fünf Männer, darunter ein Lehrer aus Marzahn-Hellersdorf und ein Arzt einer Neuköllner Tagesklinik. Rund 200 Kontaktpersonen wurden bereits identifiziert.

Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) sieht den „Beginn einer Coronavirus-Pandemie“ in Europa. Der Regierende Bürgermeister Michael Müller hält die Absage von Veranstaltungen für einen möglichen Weg.

Die wichtigsten Hilfsangebote

Wer den begründeten Verdacht hat, sich mit dem Coronavirus infiziert zu haben, sollte sich an die Hotline des Senats wenden: 030/90282828. Die Charité bietet Menschen mit Symptomen, sich zunächst an einen Hausarzt zu wenden. Erst nach Aufforderung sollen Menschen die neu geschaffene Anlaufstelle für Coronavirus-Tests auf dem Gelände des Virchow Klinikums (Mittelallee 1) kommen. Auch die Krankenkassen haben Telefon-Hotlines für Nachfragen eingerichtet. Die Barmer ist unter 08008484111 erreichbar, die DAK hat die Rufnummer 0800111841 geschalten.

Alle aktuellen Entwicklungen zum Coronavirus in Berlin erfahren Sie in diesem Newsblog.

Offenbar mehrere Fälle: Hausarztpraxen wehren Verdachtsfälle ab

Unser Kollege Cay Dobberke hat am Nachmittag Amtsärzte aus fast allen Berliner Bezirken vor ihrer gemeinsamen Runde zu Covid-19 getroffen. Dabei berichtete ihm der Amtsarzt von Reinickendorf, Patrick Larscheid, von einer Praxis im Bezirk, die Corona-Verdachtsfälle abweist. „Das ist an der Grenze der unterlassenen Hilfeleistung“, sagt Larscheid. „Der Arzt nimmt damit auch keine Erkältungspatienten mehr an. Zahllose Leute werden in Reinickendorf von den Hausärzten abgewiesen.“

Bild:
privat

Das Gesundheitsamt von
Charlottenburg-Wilmersdorf hat ebenfalls Meldungen bekommen, dass mehrere Hausarztpraxen im Bezirk Corona-Verdachtsfälle mit Aushängen abwehren: Sie wollen diese Patienten nicht aufnehmen und untersuchen. Als Grund geben sie fehlende Schutzkleidung an.

Im Amt überlegt man, diese Fälle der Kassenärztlichen Vereinigung zu melden, da Ärzte damit gegen ihre Pflichten zur Versorgung verstießen.

In der Tat fühlen Sich Hausärzte berlinweit schlecht auf Covid-19 vorbereitet. Eine Neuköllner Hausärztin hat mit dem Tagesspiegel über die Lage der niedergelassenen Ärzte gesprochen und was sie und ihre Kollegen jetzt brauchen, um ihre Arbeit machen zu können:

Tagesspiegel | Julius Betschka

Corona-Fahrdienst für immobile Patienten gestartet

Während die ersten Berliner Hausärzte keine Patienten mehr annehmen, die stark husten und gegebenenfalls Fieber haben, ist seit heute ein Fahrdienst der Berliner Feuerwehr und der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) unterwegs.

In einer gemeinsamen Mitteilung heißt es, dass ab sofort vier Feuerwehrfahrzeuge im Einsatz sind, täglich von 7 bis 22 Uhr. Sie sollen Patienten mit sehr schweren Erkältungssymptomen zu Hause untersuchen, wenn diese sich nicht selbstständig zu Praxen und Corona-Ambulanzen wie etwa am Virchow-Klinikum begeben können. Die Teams führen auch Corona-Tests durch, die Auswertung erfolgt allerdings in den drei Berliner Laboren, die dafür ausgerüstet sind.

„Wir sind mit unserem Fahrdienst früher als gedacht an den Start gegangen. Unser Dank gilt im Besonderen der Berliner Feuerwehr sowie allen niedergelassenen Kollegen, die sich kurzfristig für den Fahrdienst gemeldet haben und noch melden werden“, sagt Burkhard Ruppert, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KV Berlin.

Man sei weiterhin auf der Suche nach Ärztinnen und Ärzten, die den Fahrdienst unterstützen und Schichten übernehmen.

Schulen können nicht selbst über Schließung entscheiden

Weder die Schulleitung noch Berlins Senatsverwaltung für Bildung kann die Schließung einer Schule aus Sorge vor einem erhöhten Risiko für Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus veranlassen. Darauf wies Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Mittwoch hin. Wenn es entsprechende Befürchtungen gebe, müssten solche Fälle immer mit dem Gesundheitsdienst besprochen werden.

„Es geht nicht, dass jemand aus dem Bauchgefühl heraus sagt, ich schließe jetzt mal meine Schule“, sagte Scheeres. „Wenn eine entsprechende Konstellation da ist, muss das mit dem Gesundheitsdienst, mit den entsprechenden Amtsärzten abgeklärt werden.“ Derzeit seien in Berlin zwei Schulen geschlossen. Sie hoffe aber, dass die Tests auf Sars-CoV-2 dort schnell erfolgen und die Schulen bald wieder öffnen können.

Handlungsbedarf an den Schulen mit Blick auf Hygiene angesichts der sich abzeichnenden Virus-Pandemie sieht Scheeres nicht. „Wichtig ist, Seife vor Ort zu haben, und das wissen die Bezirke auch. Ich gehe davon aus, dass sie dafür Sorge tragen“, erklärte die Senatorin. „Es sollte immer darauf geachtet werden, dass solche Artikel in den Schulen sind, aber jetzt besonders.“ Denn viel wichtiger als Desinfektionsmittel zu benutzen, sei das regelmäßige Händewaschen. (dpa)

Altenheim beschränkt die Zugänge für externe Gäste

In Einrichtungen, die ältere Menschen – eine besonders gefährdete Risikogruppe – betreuen, gehen die Verantwortlichen konzentriert, aber nicht aufgeregt mit dem Problem um. Im DOMICIL-Seniorenpflegeheim in der Müllerstraße, sind als Präventivmaßnahme alle Veranstaltungen abgesagt worden, zu denen auch externe Besucher hätten kommen können. Einen Trommel-Workshop zum Beispiel oder einen Restaurant-Abend für Bewohner des Pflegeheims, ihre Angehörigen, aber auch externe Gäste.

Wir haben festgelegt, dass außer den Angehörigen oder für den Betrieb notwendige Personen derzeit keine externen Gäste ins Haus kommen

Florian Giesdorf, der Leiter des Pflegeheims Domicil

Am Dienstagabend gab es einen Angehörigen-Abend, bei dem über die aktuelle Entwicklungen und Maßnahmen informiert wurde. Auf hygienische Aspekte wird jetzt besonders geachtet, aber das entspricht den Empfehlungen des Gesundheitssenats.

Im Heim sind 124 der 126 Plätze belegt, es ist in der Versorgung autark. Es hat eine eigene Küche, eine eigene Wäscherei und keine Leasing-Kräfte als Pflegepersonal. Wenn allerdings eine Pflegekraft positiv getestet würde und damit weitere ausfielen, weil sie Kontakt zu dem Betroffenen hatten, wäre das erstmal fatal. „Allerdings könnten wir dann Personal aus anderen Häusern in Anspruch nehmen“, sagt Giesdorf. Die DOMICIL-Gruppe betreibt in Berlin insgesamt 17 Pflegeheime, dort würde dann Personal für die Betreuung der Bewohner in der Müllerstraße abgezogen.

Ein Problem ist der Umstand, dass Desinfektionsmittel allmählich knapp werden. Aber unsere Zentrale hat vor Wochen schon genügend Desinfektionsmittel bestellt, wir sind für die nächsten drei Monate ausgestattet.

Florian Giesdorf

Auch bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO), die in Berlin sechs Sozialstationen mit ambulanter Hilfe sowie eine Tagespflegestelle betreibt, geht man das Thema Coronavirus mit professioneller Routine an.

Wir haben derzeit keine spezifischen Maßnahmen geplant. Wir halten uns eng an die Vorgaben des Berliner Senats und der Bundes-Gesundheitsministeriums.

Manfred Nowak, stellvertretender Landesvorsitzender der AWO

Das bezieht sich vor allem auf den sorgsamen Umgang mit Hygiene. „Wir beobachten die Entwicklung genau“, sagt Nowak, „und notfalls müssen wir situativ entscheiden“. Sollten allerdings Pflegekräfte ausfallen, „dann haben wir eine Gefährdung in einer Dimension, die man sich noch gar nicht ausdenken kann.“ Die AWO arbeitet aufgrund des Fachkräfte-Mangels mit vielen Leasing-Kräften.

Für die Caritas, die in Berlin 14 Seniorenheime, 15 Sozialstationen und vier Tagespflegeeinrichtungen betreibt, existiert ein aktueller Pandemieplan. Er umfasst alle denkbaren Szenarien, vom Verdachtsfall bis zum Umgang mit infizierten Personen. Ein Krisenstab beobachtet permanent die Entwicklungen und informiert die Häuser über das jeweils angemessene Verhalten.

Dabei aber wollen wir aber mit Augenmaß agieren und die Gratwanderung zwischen dem Bewahren von Ruhe und sinnvollem Ergreifen von Vorsichtsmaßnahmen schaffen.

Caritas-Sprecherin Claudia Appelt

Die Caritas, sagt Claudia Appelt, sei ausreichend mit Desinfektionsmittel ausgestattet. Als sich die Lage zuspitzte, haben wir alle Bestände überprüft und bei Bedarf nachbestellt.

Großer Andrang bei Charité-Aufnahmestelle

Hausärzte weisen Patienten ab, berichten Gesundheitsämter. Dafür ist der Andrang bei der Aufnahmestelle der Charité groß. Nach Tagesspiegel-Informationen gibt es auch Hinweise darauf, dass Personen in die Coronavirus-Aufnahmestelle der Charité in Wedding kommen, um sich für ihren
Arbeitgeber einen negativen Abstrich zu holen – um wieder zur Arbeit gehen zu können. Einem Bericht der „Berliner Zeitung“ zufolge wurden am Mittwoch Personen abgewiesen, die Zeitung beruft sich auf Mitarbeiter, die von einer Überlastung sprachen. Charité-Sprecherin Manuela Zingl wollte sich dazu konkret nicht äußern, sagte aber, die Aufnahmestelle habe „gut zu tun“.

Am Dienstag wurden nach Angaben der Charité
etwa 100 Abstriche gemacht. Die Sprecherin der Charité sagte, es handele sich dabei um eine interne Maßnahme, um die anderen Notaufnahmen der Charité zu entlasten. „Die Nachfrage war wie zu erwarten sehr hoch.“ Man appelliere daher weiterhin, dass Menschen, die befürchten, sich angesteckt zu haben, sich telefonisch an die Hotline der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit oder an ihren Hausarzt wenden. „Zudem hofft die Charité, dass zeitnah
auch andere Einrichtungen und Kliniken eine solche Maßnahme umsetzen“, sagte Zingl.

Werden nun Hertha-Spiele abgesagt?

Zuständig dafür ist das Gesundheitsamt Charlottenburg-Wilmersdorf und von dort heißt es, dass es zunächst keinen Anlass gibt, Spiele ausfallen zu lassen, um die Corona-Verbreitung einzudämmen. Man orientiere sich an den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts zu Großveranstaltungen: Das Olympiastadion sei nun mal kein geschlossener Raum, darum könnte der Spielbetrieb dort vorerst auch normal weiterlaufen.

Gestern war bekannt geworden, dass der Verein seinen Spielern empfiehlt, keine Autogramme mehr zu geben und Selfies mit Fans zu vermeiden.

Tagesspiegel | Michael Rosentritt

Desinfektionsmittel aus Kliniken entwendet

In Drogeriemärkten und Apotheken werden Desinfektionsmittel und Atemschutzmasken knapp – was einige Leute offensichtlich dazu bringt, sich illegal zu bedienen. Romina Rochow, Sprecherin der DRK-Kliniken Berlin, bestätigte, dass aus allen drei Standorten in der Stadt, Desinfektionsmittel und Atemschutzmasken entwendet wurden. „Es wurde nicht palettenweise geklaut, aber Flaschen wurden entwendet und auf den Patientenzimmern Desinfektionsmittel aus Flaschen abgepumpt“, sagte Rochow dem Tagesspiegel. Mitarbeiter hätten das mehrfach beobachtet. Als Konsequenz würden jetzt Flaschen in öffentlichen Bereichen, etwa auf Toiletten, nicht mehr nachgefüllt. Auch bei öffentlich ausliegenden Atemschutzmasken in Notaufnahmen sei großzügig zugegriffen worden. „Unsere Mitarbeiter haben da jetzt vermehrt ein Auge drauf“, sagte Rochow. Zuerst hatte die Morgenpost darüber berichtet.

Wie ist die Lage in Charlottenburg-Wilmersdorf?

Unser Kollege Cay Dobberke hat mit der Amtsärztin des Bezirks, Nicoletta Wischnewski, gesprochen. 68 Verdachtsfälle hat es dort seit dem 27. Januar gegeben, die meisten wurden negativ getestet, einige wenige Ergebnisse stünden noch aus. Bei 16 Personen wurden Abstriche in ihren Wohnungen vorgenommen. Es gab vier Quarantäneanordnungen und ein Tätigkeitsverbot.

Wischnewski trägt selbst bei Untersuchungen von Verdachtsfällen Mund- und Nasenschutz, Schutzbrille, Handschuhen, Kittel und schützt sich mit Händedesinfektionsmittel. Im Zusammenhang mit Corona nimmt sie in der Bevölkerung aber eine „übersteigerte Angst“ wahr. Die Gefährlichkeit von Corona vergleicht sie mit der „einer schweren Grippe“.

Täglich melden sich etwa 250 Anrufer beim Gesundheitsamt des Bezirks (030/90 28 28 28 von 8 bis 20 Uhr) – da könne es auch mal sein, dass die Leitung der beiden Hotlines besetzt ist, wirbt Wischnewski um Verständnis. Hinzu kommen täglich 30 bis 50 Mails von Bürgern. Bislang habe es um die 30 Anfragen von Veranstaltern gegeben, die Fragen zum Umgang mit Corona hatten.

Im DRK-Klinikum Westend könnte es demnächst auch eine Corona-Ambulanz geben – wie bereits am Virchow-Klinikum.

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promo

Nachdem am Dienstag eine Corona-Ambulanz an der Charité eröffnet hat, gibt es derzeit auch Pläne für solche Einrichtungen im Bezirk, etwa im Klinikum Westend und im Martin-Luther-Krankenhaus.

Nach Angaben von Wischnewski verfüge man bei insgesamt 240 Mitarbeitern über drei auf Infektiologie spezialisierte Amtsärzte. Weitere Kräfte könne man nicht mobilisieren, aber im Vergleich zu anderen Bezirken sei man bereits gut aufgestellt, leiste anderswo sogar Amtshilfe. Darum gibt es am Nachmittag eine Runde mit den Amtsärzten aller Bezirke geben, man wolle sich abstimmen.

Die wichtigsten Hilfsangebote:
Viele Menschen gehen offenbar im Moment zur Anlaufstelle der Charité, doch es gibt Alternativen. Wer den begründeten Verdacht hat, sich mit dem Coronavirus infiziert zu haben, sollte sich an die Hotline des Senats wenden: 030/90282828. Die Charité bietet Menschen mit Symptomen, sich zunächst an einen Hausarzt zu wenden. Erst nach Aufforderung sollen Menschen die neu geschaffene Anlaufstelle für Coronavirus-Tests auf dem Gelände des Virchow Klinikums (Mittelallee 1) kommen. Die Vivantes-Kliniken wollen ähnliche Anlaufstellen schaffen. Auch die Krankenkassen haben Telefon-Hotlines für Nachfragen eingerichtet. Die Barmer ist unter 08008484111 erreichbar, die DAK hat die Rufnummer 0800111841 geschalten.

Medizinische Versorgung sichern – Quarantänemaßnahmen für Ärzte lockern?

Unser Wissenschafts-Experte
Sascha Karberg beschäftigt sich mit grundsätzlichen Fragen zum Coronavirus – jetzt mit der Frage: Was passiert, wenn immer mehr
Ärzte in vorsorgliche Quarantäne müssen, weil sie Kontakt zu Infizierten hatten?

An diesem Beispiel wird deutlich, warum die Gefahr durch das Virus für die Gesellschaft so groß ist. Denn bei einer Pandemie leidet die medizinische Versorgung. Und dann könnten Menschen sterben – nicht nur Covid-19-Kranke. Hier lesen Sie, was der Charité-Virologe Christian Drosten – bekannt als Coronavirus-Papst – dazu sagt.

Tagesspiegel | Sascha Karberg

Charité weist offenbar Wartende ab
Die spezielle Anlaufstelle für Coronavirus-Verdachtsfälle an der Charité kommt offenbar nicht mit den Tests hinterher. Eine Journalistin der Berliner Zeitung berichtet, dass seit 11 Uhr Wartende abgewiesen werden. Die Pressestelle der Charité konnte dazu zunächst nichts sagen.

Coronavirus: Berliner Hotels und Gastronomen fordern Landeshilfen

Die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus trifft auch Hotels und Gastronomen in Berlin: Unter anderem durch die Absage der Reisemesse ITB entgehen vielen Unternehmen Einnahmen. Der Branchen-Landesverband Dehoga Berlin fordert deshalb kurzfristige Hilfen vom Land. Vorstellbar wäre zum Beispiel die Einrichtung eines Krisenfonds aus Mitteln der Übernachtungssteuer City Tax, erklärte Hauptgeschäftsführer Thomas Lengfelder am Mittwoch.

Denkbar seien auch Bürgschaften für Kredite an stark betroffene Betriebe sowie die Fristverlängerung oder -aussetzung für Steuervorauszahlungen. Anfang nächster Woche sei ein erneutes Treffen zwischen Berliner Wirtschafts- und Senatsvertretern geplant, um über Unterstützungsmöglichkeiten zu beraten.

Die Einnahmeeinbußen von Hotels und Restaurants wegen der ITB-Absage seien derzeit noch nicht zu beziffern, sagte Lengfelder: „Für unsere Branche führt diese Entscheidung zu großen wirtschaftlichen Verlusten, die heute in Gänze noch gar nicht abzusehen sind.“

Viele Unternehmen in Berlin leiden schon jetzt unter der Verbreitung des Coronavirus – obwohl die Zahl der bestätigten Infektionen verschwindend gering ist und der finanzielle Schaden sich nur schwer beziffern lässt. Am Dienstagnachmittag hat Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) einige Spitzenvertreter der Berliner Wirtschaft zu einem Gespräch in die Zentrale der Investitionsbank (IBB) in die Bundesallee nach Wilmersdorf geladen, um über die wirtschaftlichen Auswirkungen zu sprechen.

Tagesspiegel | Kevin P. Hoffmann

Strengere Kontrolle: Feuerwehr limitiert Ausgabe von Schutzmasken

Wegen der Ausbreitung des Coronavirus‘ schränkt die Berliner Feuerwehr die Ausgabe von Schutzmasken und Desinfektionsmitteln an die Mitarbeiter ein. Das geht aus einer internen Anordnung der Feuerwehr hervor, die dem Tagesspiegel vorliegt.

In dem Schreiben vom Dienstag ist von einer „Verteilung von Mangelressourcen“ die Rede. Die Bestellung von Nachschub wird in den Direktionen nun zentral koordiniert. Die einzelnen Feuerwachen sollen nicht mehr selbst bestellen.

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Kitty Kleist-Heinrich

Auch bei den Schutzmasken der höchsten Schutzklasse FFP3 (siehe Foto) gibt es jetzt strengere Vorgaben: „Die FFP3-Schutzmasken werden ab sofort 1:1 (gegen Vorlage der Einsatznummer) neu ausgegeben“, heißt es in der Anordnung. Und weiter: „Auf den Wachen übernehmen die Wachabteilungsleiter die Herausgabe und Dokumentation der Desinfektionsmittel. Die Herausgabe erfolgte im Tausch ,verbraucht‘ gegen ,neu‘.“

Bereits vor zwei Wochen hatte der für den Katastrophenschutz zuständige Stab der Behördenleitung vor Engpässen gewarnt. So stehe für Einsatzkräfte von Feuerwehr und Katastrophenschutz im Pandemiefall kaum ausreichend Schutzkleidung bereit. Weltweit sind Schutzmasken, Schutzkittel und Schutzanzüge am Markt nicht mehr zu haben. Bei der Feuerwehr wären nach eine Woche Pandemie-Einsatz die Lager für die Schutzutensilien leer, berichten Beamte. Auch die Krankenhausgesellschaft mahnte zu einem „ressourcenschonendem“ Einsatz von Schutzutensilien in den Kliniken.

Der Katastrophenstab hatte daneben auch vor Personalnot gewarnt, falls sich die Lage wegen steigender Zahlen von Corona-Fällen verschärft. Bei einer Pandemie müssten viele der Mitarbeiter mindestens acht Wochen lang eingesetzt werden – so lange können solche „Lagen“ dauern.

In Berlin verfügt der Katastrophenschutz unter Führung von Innensenator Andreas Geisel (SPD) über 40 Krankentransportwagen, davon sind zehn von Berlin finanziert, die übrigen 30 vom Bund bereitgestellten Wagen sind jedoch überaltert, zwölf sollten nach Tagesspiegel-Informationen in diesem Jahr ausgemustert werden.

Und für die ehrenamtlich im Katastrophenschutz tätigen Helfer aus den Sozialverbänden fehlt offenbar eine einheitliche Alarmtechnik. Es sollen Funkmelder beschafft werden, die Planung dazu läuft. (axf)

Berliner CDU will im Ausschuss über Coronavirus beraten
Der Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus teilte am Mittwoch mit: „Wir wollen im Gesundheitsausschuss am kommenden Montag alle Tagesordnungspunkte zurückstellen und nur über das Thema: „Coronavirus hat Berlin erreicht“ sprechen“ Dafür ist jedoch noch die Zustimmung der anderen Fraktionen ist erforderlich. Der Gesundheitsexperte der CDU, Tim-Christopher Zeelen: „Angesichts der Lage halten wir eine Art kleinen Sonderausschuss für erforderlich, um uns einen Überblick zu verschaffen und das weitere Vorgehen zu besprechen.“

Coronavirus-Untersuchungsstelle: rund 100 Tests am ersten Tag

Die neu eingerichtete Coronavirus-Untersuchungsstelle an der Charité hat am ersten Tag rund 100 Abstriche von besorgten Bürgen für Tests auf den Erreger genommen. „Die interne Maßnahme hat die Notaufnahmen zwar entlastet, aber die Nachfrage war wie zu erwarten sehr hoch“, sagte die Sprecherin der Charité, Manuela Zingl am Mittwoch. Am Mittwoch habe der Andrang bislang nicht abgenommen.

Zingl appellierte, dass nur Patienten mit starken Erkältungssymptomen die Untersuchungsstelle direkt aufsuchen sollten. Die SARS-CoV-2-Tests mit Abstrichen aus dem Nasen-Rachen-Raum würden bei Patienten ohne Symptome keinen Sinn machen. Sollten Betroffene eine Ansteckung mit dem neuen Coronavirus befürchten, sollten sie zunächst die Hotline der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit (030/90282828) oder ihren Hausarzt anrufen. Dort gebe es eine Empfehlung zum weiteren Vorgehen.

Die Einrichtung auf dem Charité-Campus Virchow-Klinikum dient auch als Modellprojekt für andere Krankenhäuser in Berlin und Brandenburg. Der landeseigene Klinikkonzern Vivantes plant derzeit an seinen Standorten in Tempelhof und Prenzlauer Berg ebenfalls Anlaufstellen. Wann diese eröffnen können, war am Mittwoch jedoch noch unklar. (dpa)

Vorbereitungen im Justizvollzug laufen
In Berlin sind – mit Stand heute Vormittag – keine Corona-Fälle im Justizvollzug bekannt. Das teilte ein Sprecher der Justizverwaltung auf Anfrage mit. Es gebe auch keine Verdachtsfälle. In dieser Woche seien die Mitarbeitenden im Justizvollzug über Corona und Infektionswege und Vorsorge informiert worden, ebenso soll es noch in dieser Woche eine mehrsprachige Information für Gefangene geben. Eine konkrete Maßnahme seit dieser Woche sei, dass Besuchende, Neuzugänge und Externe bei Betreten der Anstalten befragt werden, ob sie Verdachtskriterien erfüllen.

Reporter-Slam abgesagt
Eine Veranstaltung im International Alumni Center der Bosch-Stiftung in Berlin ist aus Sorge vor dem Coronavirus kurzfristig abgesagt worden. Der sogenannte „Reporter Slam“, bei dem Journalisten auf der Bühne von skurrilen Recherchen berichten und „gegeneinander“ antreten, sollte am Donnerstagabend in der Linienstraße stattfinden. Drei der auftretenden Akteure hätten zuvor Karneval in Nordrhein-Westfalen gefeiert, eine weitere Person sei vor kurzem in Italien gewesen, sagte Jochen Markett, Gründer und Moderator des „Reporter Slam“. Ob es einen Ersatztermin geben wird, ist noch offen.

Mangelressourcen“ bei den Behörden in #Berlin wegen Coronavirus: Die @Berliner_Fw limitiert die Ausgabe von Schutzmasken. Ausgabe erfolgt nur gegen Einsatznachweis und alt gegen neu. Auch bei Desinfektionsmitteln: Ausgabe nur im Tausch „gebraucht“ gegen „neu“. @Tagesspiegel

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Alexander Fröhlich on Twitter (@alx_froehlich)
https://twitter.com/alx_froehlich/status/1235152319160999936

Schulen wegen Coronavirus geschlossen

Auch am Mittwoch sind die Lasker-Oberschule (Friedrichshain) und die Metropolitan School (Mitte) weiter geschlossen. „Ein Filialbereich der Modersohn-Grundschule auf dem Areal der Lasker-Schule bleibt heute ebenfalls noch geschlossen“, teilte der Sprecher der Gesundheitsverwaltung mit. In anderen Schulen findet der Unterricht dagegen planmäßig statt. In der Reihardswald Grundschule in Kreuzberg wurde bereits am Montag eine Schülerin nach Hause geschickt, weil ihr Vater im selben Großraumbüro in Mitte arbeitet wie zwei bereits Infizierte. „Der Fall ist nicht bestätigt“, sagte die Schulleiterin am Mittwochmorgen – deshalb bleibe die Schule geöffnet. Die Eltern wurden jedoch in einem Schreiben informiert. Wie viele Kinder deshalb zu Hause geblieben sind, sei der Schulleitung nicht bekannt. Über Schulschließungen entscheidet offiziell der bezirkliche Amtsarzt, hieß es aus der Senatsverwaltung für Gesundheit.

Ob diese Zahlen auch für Berlin gelten?
Eine Mehrheit der Deutschen sehen das Land nicht gut vorbereitet auf das Virus. Einer exklusiven Tagesspiegel-Umfrage zufolge äußerten 21 Prozent die Ansicht, die Behörden seien „sehr schlecht“ auf die Ausbreitung eingestellt. Weitere 30 Prozent kamen zu dem Urteil „eher schlecht“.

Tagesspiegel | Marie Zahout