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Erster Bundestagsabgeordneter ist infiziert

Trotz aller ergriffenen Vorsichtsmaßnahmen hat die Corona-Epidemie jetzt auch den Bundestag erreicht. Das Virus wurde am Mittwoch bei einem FDP-Abgeordneten aus Rostock festgestellt. Dieser habe sich bei der Bundestagsärztin gemeldet und gebeten, ihn zu testen. Der Test sei positiv ausgefallen, hieß es aus Fraktionskreisen. Nun würden die zuständigen Behörden informiert.

Das Robert Koch-Institut meldet am Abend bundesweit 1567 Fälle von Infektionen mit dem Coronavirus. Drei Menschen sind demnach gestorben.

Die Weltgesundheitsorganisation stuft die Verbreitung des neuen Coronavirus Sars-CoV-2 nun als Pandemie ein. Das sagte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus am Mittwoch in Genf.

Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte sich in einer Pressekonferenz in Berlin über den Stand bei der Eindämmung des Coronavirus. Die Kanzlerin sagte, die Ausmaße der Corona-Krise seien bisher nicht absehbar. Noch sei unbekannt, was für Immunitäten in der Bevölkerung aufgebaut werden. „Wir wissen nicht richtig: Wie temperaturabhängig ist die Infektionsrate?“ Im Vergleich zur Finanzkrise 2008 gelte: „Wir müssen mit viel mehr Unbekannten noch agieren, deshalb ist die Situation schon noch eine andere.“ Die Kanzlerin mahnt: „Aber wie in allen solchen Krisensituationen ist Besonnenheit und Entschlossenheit richtig.“

Auch der Leiter des Robert Koch-Institutes, Lothar Wieler, nahm an der Pressekonferenz teil. Er schätzte, dass sich bis zu 70 Prozent der Bevölkerung in Deutschland mit dem Virus anstecken könnte (mehr im Newsblog unten).

Hintergrund über das Coronavirus:

19:40: RKI meldet 1567 Infektionsfälle in Deutschland +++

Das Robert Koch-Institut listet nach dem Stand von 18:10 Uhr am Mittwoch bundesweit 1567 Fälle von Infektionen mit dem Coronavirus auf. Drei Menschen sind demnach gestorben. Schwerpunkt der Fälle ist nach wie vor Nordrhein-Westfalen (484) mit dem besonders betroffenen Kreis Heinsberg gefolgt von Bayern (366) sowie Baden-Württemberg (277).

19:30: Mehrheit der Deutschen mit Spahn zufrieden +++

Eine Mehrheit der Bundesbürger ist laut einer Umfrage mit dem bisherigen Krisenmanagement von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Zuge der Covid-19-Epidemie zufrieden. 55 Prozent finden es sehr gut oder gut. Das ist das Ergebnis einer am Mittwoch veröffentlichten Forsa-Umfrage im Auftrag von RTL und n-tv. 37 Prozent stufen Spahns Krisenmanagement als weniger gut oder schlecht ein. Mit dem Krisenmanagement der gesamten Bundesregierung sind dagegen weniger Menschen zufrieden. 43 Prozent bewerten es mit „sehr gut“ oder „gut“, 52 Prozent finden, die Regierung leiste weniger gute oder schlechte Arbeit.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU)Foto: AFP/Tobias Schwarz

18:43: Zahl der Infizierten in Italien steigt +++

Im Zuge der Coronavirus-Epidemie steigt die Zahl der Infizierten und Toten in Italien immer weiter. 12.462 Nachweise des Virus wurden bis Mittwoch gemeldet, knapp 2300 mehr als am Vortag, wie der Zivilschutz mitteilte. So einen hohen Anstieg hatte es bisher noch nicht gegeben – was allerdings auch mit fehlenden Daten vom Vortag zu tun hat. Die Zahl der Toten stieg von 631 auf 827. Es dürfte Experten zufolge eine hohe Dunkelziffer bisher nicht registrierter Infektionen geben. (dpa)

18:20: Erster Coronavirus-Infizierter im Bundestag +++

Der Bundestag hat seinen ersten Corona-Fall. Das Virus wurde nach Angaben der FDP-Fraktion vom Mittwoch bei einem ihrer Abgeordneten festgestellt. In Absprache mit der Parlamentsärztin und dem Bezirksamt Berlin-Mitte seien umgehend alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen worden, hieß es in einer Mitteilung. Der betroffene Abgeordnete Hagen Reinhold aus Rostock sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, erste Symptome seien nach einem Skiurlaub in Österreich aufgetreten. „Ich habe nach meiner Rückkehr leicht gehustet und mich am Montag von der Bundestagsärztin untersuchen lassen.“ Er habe die Krankheit inzwischen überwunden. Es gehe ihm gut.

Die FDP-Fraktion teilte mit, die Mitarbeiter des Abgeordneten befänden sich bereits zu Hause in vorsorglicher Quarantäne. Es werde eine Liste mit Kontaktpersonen erstellt, die ebenfalls vorsorglich in Quarantäne gehen sollen. „Zudem prüft die FDP-Fraktion mit der Bundestagsverwaltung mögliche Auswirkungen auf den Parlamentsbetrieb.“

In der SPD-Bundestagsfraktion sind mehrere Abgeordnete und Mitarbeiter wegen des Kontakts zu einer mit dem Coronavirus infizierten Person vorsorglich in häuslicher Quarantäne. Dazu zählen der Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach, die SPD-Fraktionsvizechefin Eva Högl und der rechtspolitische Sprecher Johannes Fechner, wie ein Fraktionssprecher am Mittwoch in Berlin mitteilte.

Der Grund sei eine Sitzung der Fraktionsarbeitsgruppe Recht am 2. März, an der eine inzwischen auf das Coronavirus positiv getestete Person aus dem Bundesjustizministerium teilgenommen habe. Die Teilnehmer der Sitzung, Abgeordnete und Mitarbeiter, seien informiert. Die direkten Sitznachbarn der infizierten Person seien ebenso zu Hause wie die weiteren Personen, die sich im Raum aufgehalten haben. Betroffen seien rund 15 Menschen.

Lauterbach sagte der „Bild“-Zeitung: „Ich gehe nicht davon aus, dass ich mich selbst infiziert habe, gehe aber dennoch bis Sonntag in häusliche Quarantäne.“ Es werde zur Normalität, dass sich Menschen infizieren. „Der Bundestag ist ein Hochrisiko-Gebiet, weil viele Menschen zusammenkommen und vorher mit vielen Menschen Kontakt hatten“, sagte Lauterbach, der selbst Mediziner ist.

Infektionen von Abgeordneten können den Parlamentsbetrieb empfindlich beeinträchtigen – bis hin zur Absage von Sitzungswochen. Die 709 Abgeordneten kommen nicht nur im Plenarsaal eng zusammen, sondern beispielsweise auch in den Sitzungen der Fachausschüsse. Der FDP-Abgeordnete Reinhold gehört dem Bauausschuss an.

Bundestag verzichtet auf namentliche Abstimmungen

Als weitere Vorsichtsmaßnahme vereinbarten Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) und die Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen am Mittwoch, in dieser Sitzungswoche auf namentliche Abstimmungen zu verzichten. Bei diesen werden Stimmkarten in eine Art Urne geworfen, was regelmäßig zu großen Menschentrauben an diesen Boxen führt. Dabei sei das Infektionsrisiko zu groß, hieß es zur Begründung des Verzichts.

Der Bundestag will seinen regulären Betrieb möglichst lang aufrecht erhalten. Die Fraktionen vereinbarten auch, dass es keine Verzerrung der Mehrheitsverhältnisse geben soll, wenn etwa von einer Fraktion mehrere Abgeordnete nicht mehr an den Plenarsitzungen teilnehmen können. Dann würden aus den anderen Fraktionen möglicherweise Abgeordnete nicht an Abstimmungen teilnehmen.

Schäuble hatte in den vergangenen Tagen bereits angeordnet, dass die Kuppel und die Dachterrasse des Reichstagsgebäudes ab sofort für Besucher geschlossen werden. Außerdem werden bis Ende April Besuchergruppen nicht mehr in den Bundestag gelassen. Die Abgeordneten wurden aufgefordert, sich an die Hygienemaßnahmen zu halten und Dienstreisen auf das unbedingt nötige Maß zu reduzieren. (dpa)

18:00 Uhr: WHO stuft Coronavirus-Verbreitung als Pandemie ein +++

Die Weltgesundheitsorganisation stuft die Verbreitung des neuen Coronavirus nun als Pandemie ein. Das sagte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus am Mittwoch in Genf. Tedros kritisierte dabei fehlendes Handeln durch die Staaten weltweit. „Wir haben die Alarmglocken laut und deutlich geläutet“, sagte der WHO-Chef.

Nach Angaben der WHO hat sich das Virus inzwischen in 115 Länder ausgebreitet, fast 4300 Menschen sind gestorben. „Wir gehen davon aus, dass in den kommenden Tagen und Wochen die Zahlen weiter ansteigen werden“, sagte Tedros. In den letzten beiden Wochen hätten sich die Fallzahlen außerhalb Chinas verdreizehnfacht, die Zahl der betroffenen Staaten verdreifacht. „Alle Länder können den Verlauf dieser Pandemie noch ändern“, betonte der 55-Jährige. „Findet, isoliert, testet und behandelt jeden Fall und geht jeder Spur nach.“

„Dass wir die Situation nun als Pandemie bezeichnen, ändert nichts an der Beurteilung der WHO hinsichtlich der Bedrohung durch dieses Virus“, betonte Tedros. „Es ändert auch nichts daran, was die WHO macht. Und es ändert auch nichts daran, was die Länder tun sollten.“

Es gibt keine offiziellen Kriterien der WHO, ab wann ein Krankheitsgeschehen als Pandemie einzuordnen ist. Landläufig wird darunter eine Krankheit verstanden, die sich unkontrolliert über Kontinente hinweg ausbreitet.

Das neue Coronavirus Sars-CoV-2 wurde im Dezember erstmals in China entdeckt und hat sich seitdem über den Globus verbreitet. In Europa ist vor allem Italien von dem Ausbruch betroffen. In Deutschland sind inzwischen mehr als 1800 Menschen nachweislich mit dem Virus infiziert worden und drei Patienten daran gestorben. (dpa)

WHO-Direktor: Tedros Adhanom GhebreyesusFoto: AFP/Fabrice Coffrini

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