Das öffentliche Leben soll stillstehen, Abstandhalten ist das Gebot der Stunde. Dennoch gibt es eine Reihe von Angeboten, die man jetzt vom eigenen Sofa aus wahrnehmen kann. Viele Einrichtungen, seien es Clubs, Orchester, Bands oder Museen, sind kreativ und weichen auf das Internet aus.
Die Queerspiegel-Redaktion gibt Tipps für die Zeit zuhause – für queere Menschen und alle unter dem Regenbogen.
BÜCHER
Für den Start empfehlen wir drei Bücher, die Sie unbedingt gelesen haben sollten. Ocean Vuongs tolles Debüt „Auf Erden sind wir kurz grandios“ ist eine Mischung aus Migrationsroman, Coming-out-Memoir und Totenbuch, wie der Tagesspiegel-Kritiker schrieb.
Gerade zum ersten Mal auf Deutsch erschienen ist der queere Klassiker „Chelsea Girls“ von Eileen Myles. Bisher nur auf Englisch gibt es den Bookerprize-Gewinner „Girl, Woman, Other“ von Bernardine Evaristo: Ein sehr bewegendes Porträt vom Women of Color in Großbritannien, mit mehreren queeren Charakteren.
[Dieser Text ist eine Leseprobe aus dem kostenlosen monatlichen Queerspiegel-Newsletter des Tagesspiegel – hier geht es zur Anmeldung.]
Viele lokale Buchhandlungen haben bereits darauf reagiert, dass Menschen lieber online ordern. „Prinz EIsenherz“, der älteste queere Buchlanden Deutschlands, verzichtet jetzt auf Versandkosten.
Auch die queere Wiener Buchhandlung „Löwenherz“ hat sich für die Coronakrisen-Zeit etwas ausgedacht. Sie stellt jetzt auf Facebook regelmäßig Bücher live vor. Einfach mal reinschauen.
Zehn E-Books umsonst bietet für die Zeit des Corona-Shutdowns übrigens der Verlag „Haymarket Books“ an, der sehr viel feministische Literatur herausbringt.
CLUBS
Diese sind natürlich besonders vom Shutdown betroffen. Das SO36 und das SchwuZ fürchten um ihre Existenz und bitten um Spenden: „Wir kommen nur vier Wochen über die Runden“, sagt der SchwuZ-Geschäftsführer.
Die Solidarität sei aber groß. Bereits mehr als 6000 Euro sind beim SchwuZ eingegangen.
Doch auch die Clubs gehen kreativ mit der neuen Situation um: Sie haben tägliche Live-Übertragungen von DJ-Sets, Konzerten und Performances auf der neuen Internetplattform UnitedWeStream gestartet.
Los geht es immer um 19 Uhr. Mit dabei sind neben dem SchwuZ unter anderem Watergate, Tresor, Kater Blau, Rummels Bucht, Griessmuehle, Sage Club und der Salon zur Wilden Renate.
Verbunden ist die Einrichtung des virtuellen Berliner Mega-Clubs mit einem Spendenaufruf. Für monatliche Beträge von 10, 20 oder 30 Euro kann man die Läden und ihre Mitarbeitenden fördern.
KONZERTE
Klassik pur: Die Berliner Philharmoniker haben ihre „Digital Concert Hall“ für alle kostenlos freigeschaltet.
Die Deutsche Oper zeigt einige Aufführungen kostenlos auf ihrer Website:
19. bis 21. März: Janáceks „Jenufa“ unter musikalischer Leitung von Donald Runnicles und in der Regie von Christof Loy (2014); 21. bis 23. März: Wagners „Rienzi“ in einer Inszenierung von Philipp Stölzl, Dirigent: Sebastian Lang-Lessing (2010); 23. bis 25. März: Wagners „Die Meistersinger von Nürnberg“ in einer Inszenierung von Götz Friedrich, Dirigent: Rafael Frühbeck de Burgos (1995).
THEATER
Das BKA-Theater hat zwar genau wie alle Kultureinrichtungen geschlossen, aber wer mag, kann online zuschauen: Am 21.3. gibt es um 20.30 Uhr einen Livestream der „Corona-Ausgabe“ von Drag Queen Jurassica Parkas Show „Paillette geht immer“. Der Stream ist kostenlos, aber wer das Theater in diesen schweren Zeiten unterstützen will, kann Freiwilligentickets für 10,20 oder 40 Euro im BKA-Shop kaufen.
Auch Edith Schröder hat sich aus dem BKA-Theater bereit mit einer Rede zur Lage der Nation zur Wort gemeldet.
MUSEEN
Okay, Aktivitäten von Google muss man nicht unbedingt empfehlen, die haben schließlich schon genug Daten von uns. Dennoch eine Ausnahme: Über „Google Arts & Culture“ gibt es online Zugang zu den Sammlungen von über 500 Museen und Galerien, darunter das British Museum in London, das New Yorker Guggenheim Museum oder die Uffizien in Florenz.
Aus queerer Perspektive zum Beispiel interessant: Die Sammlung des GLBT Historical Society Museum San Francisco, des ersten LGBT-Museums der USA.
PODCASTS
In den vergangenen Wochen sind zahlreiche neue queere Podcastserschienen: Wie „Queer As Berlin“ mit Michael Meyer oder der Queer.de-Podcast „Queerkram“, dessen erste Folge mit Johannes Kram und dem Schauspieler Jonas Dassler über Coming Outs von Schauspieler*innen sehr zu empfehlen ist.
Weitere Tipps: „Somewhere Over The Hay Bale„, dort sollen queere Menschen porträtiert werden, die auf dem Land groß geworden sind – und die erste Folge des Tagesspiegel-Checkpoint-Podcasts „Eine Runde Berlin“ mit Jens Bisky (aufgenommen noch vor dem Corona-Shutdown).
BILDUNG
Wer sich jetzt akademisch weiterbilden will: Cambridge University Press, einer der wichtigsten Wissenschaftsverlage, stellt bis Ende Mai über 700 Bücher online frei zur Verfügung. Man kann ganze Werke lesen oder einzelne Kapitel runterladen – allein zum Stichwort „Gender“ gibt es 166 Einträge.
Last but not least: Auch jetzt gibt es viele Berufsgruppen, die nicht von Zuhause arbeiten können und besonders wichtige Aufgaben erfüllen: Das gesamte medizinische Personal etwa, Supermarktverkäufer*innen undsoweiter. Ihnen sollte unser besonderer Dank gelten.
Wer sich also tatsächlich daheim langweilen sollte und sich nicht komplett isolieren muss: Fragen Sie bei diesen Menschen nach, ob Sie sie unterstützen können – einkaufen gehen oder für sie kochen kann schon viel helfen.