Das Coronavirus dominiert die Welt derzeit in einer Weise, wie es sich noch vor zwei Monaten niemand auch nur ansatzweise hätte vorstellen können. Hier haben wir einige der derzeit wichtigsten Fragen über das Virus, seine Verbreitung, seine Folgen, die Forschung daran und vieles mehr zusammengestellt. Wir geben auch einen Überblick, wie Sie sich und andere schützen können.
Das reicht von der Frage, was ein Mundschutz bringt, über die, welche Symptome auftreten können oder was Sie im Fall einer Erkrankung machen können, bis hin zu der Thematik, ob auch Ihr Haustier gefährdet ist.
Die wichtigsten Hinweise, wie sich jeder effektiv schützen kann, vorweg: Regelmäßiges gründliches Händewaschen mit Seife, möglichst mehr als zwei Meter Abstand halten von anderen Personen, vor allem von Infizierten oder möglicherweise Infizierten. Außerdem sollte man das Berühren von Mund, Nase und Augen mit ungewaschenen Händen absolut vermeiden. Auch Händeschütteln ist aktuell kein Zeichen von Höflichkeit, sondern Ignoranz.
Inhaltsverzeichnis
1. Was sind Viren?
Viren sind winzige Strukturen, die Erbgut (DNA oder RNA) enthalten. Sie gelten in der Biologie nicht als Lebewesen, unter anderem weil sie keinen eigenen Stoffwechsel betreiben und für die Verbreitung ihres Erbgutes auf „Wirtszellen” angewiesen sind, die sie so umprogrammieren, dass sie selbst massenhaft Viren produzieren. Wirtsorganismen können Bakterien sein, aber auch Archaebakterien, Pilze und andere kernhaltige Ein- und Mehrzeller – von Pantoffeltierchen und Pflanzen bis hin zum Menschen. Entdeckt wurden Viren Ende des 19. Jahrhunderts. Das erste entdeckte Virus war eines, das Tabakpflanzen befällt: das noch heute in der Forschung sehr bedeutsame Tabak-Mosaikvirus.
2. Warum lösen Viren Krankheiten aus?
Eine Infektion mit einem Virus kann für den befallenen Organismus unproblematisch sein, aber auch bedrohlich. So fangen sich Menschen im Laufe ihres Lebens jede Menge verschiedene Viren ein. Selbst wenn das Immunsystem sie nicht sofort neutralisiert, haben viele keine oder kaum Auswirkungen. Andere, das Tollwutvirus etwa, sind in fast 100 Prozent der Fälle tödlich.
Eine Hypothese, warum manche Viren sehr krank machen, ist, dass dies im Interesse des Virus ist, weil es seine Ausbreitung erleichtert – etwa durch Husten. Dem widerspricht aber, dass ganz ähnliche Viren sich hier sehr unterschiedlich verhalten. Damit ein Virus sich verbreiten kann, muss es seine Wirtszelle zerstören, und viele zerstörte Zellen bedeuten Entzündung und meist auch erhöhte „Gift“-Konzentrationen, unter anderem ausgelöst durch das sterbende Gewebe, was zu Krankheitssymptomen führt.
Tatsächlich scheint eine sogenannte evolutionäre Strategie von Viren zu sein, eine Balance zwischen Schädigung des Organismus und Schonung desselben zu finden. Denn ein sofort sterbender Wirt ist kein gutes Vehikel für die Weiterverbreitung. Zu wenig Zellzerstörung und damit Freisetzung von Viren ist aber ein ebenso limitierender Faktor. Hier könnte auch ein Grund liegen, warum neu vom Tier auf den Menschen übergesprungene Viren sehr gefährlich sein können. Denn eine solche Balance muss sich eben erst über lange evolutionäre Zeiträume ausbilden.
3. Was steckt hinter den Begriffen Sars-CoV-2 und Covid-19?
Der derzeit als „das Coronavirus“ bezeichnete Erreger heißt offiziell Sars-CoV-2. Er ist höchstwahrscheinlich von Tieren auf den Menschen übergegangen. Soweit bekannt, geschah dies über auf einem Markt im chinesischen Wuhan gehandelte lebende Tiere. Man geht derzeit davon aus, dass Fledermäuse der natürliche Wirt sind und der Erreger über einen anderen tierischen Zwischenwirt in Menschen gelangt ist. Als Sars-CoV-2 wird der Erreger bezeichnet, weil er dem Sars-Erreger von 2002/03 sehr ähnlich ist, also von Experten als eine Variante dieses Virus eingestuft wird. „CoV“ steht für „Corona-Virus“. Die „2“ bedeutet, dass es das zweite bekannte Sars-Virus ist.
Die Krankheit, die von dem Virus Sars-CoV-2 ausgelöst wird, heißt offiziell Covid-19 (Coronavirus Disease 2019).
4. Was ist das neuartige Coronavirus?
Coronaviren sind vergleichsweise große, kugelförmige Viren, die eine Hülle besitzen. Sie erscheinen – anders als etwa die ebenfalls runden Rhinoviren, die für Erkältungskrankheiten verantwortlich sind und eher aussehen wie ein Ball – unter dem Elektronenmikroskop kronenartig (lateinisch: Corona). Forscher haben Hunderte Arten von Coronaviren beschrieben. Sie können bei Säugetieren, Vögeln und Fischen sehr unterschiedliche Krankheiten verursachen. Wenn sie sich vermehren, kann sich auch ihr Erbgut verändern, sie mutieren. Das kann dazu führen, dass sie von einer Art, die sie zuvor als Wirt genutzt haben, auf eine andere übergehen können. So können sie auch für Menschen gefährlich werden, obwohl sie bis dahin nur Tiere infiziert hatten. Das neuartige Coronavirus Sars-CoV-2 löst eine Atemwegserkrankung aus, die Covid-19 genannt wird.
5. Wie werden Coronaviren übertragen?
Wie bei anderen Erregern von Erkrankungen des Mund-Nase-Rachen-Lunge-Raumes sind sowohl Schmierinfektionen als auch Tröpfcheninfektionen möglich. Die deutlich wichtigere Rolle scheint die Tröpfcheninfektion zu spielen. Dabei werden Viren, die sich in zum Beispiel beim Niesen oder Husten in die Luft geratenen winzigen Flüssigkeitströpfchen befinden, mit der Atemluft aufgenommen. Sie besiedeln dann meist zunächst den Mund-Rachenraum. Aber auch schon beim Sprechen sind Übertragungen denkbar, wenn man sich nah an der sprechenden Person befindet. Sich auf offener Straße zum Beispiel beim Fahrradfahren über die Atemluft anderer anzustecken ist zwar nicht völlig unmöglich, aber sehr unwahrscheinlich. Trotzdem sollte man auch hier auf Abstand achten.
Übertragungen sind auch per Schmierinfektion möglich. Sie erfolgt, wenn kontaminierte Personen oder Oberflächen etwa mit der Hand berührt werden und diese Hand dann an die Nase, den Mund oder in die Augen geführt wird. Auf diese Weise gelangen die Viren an die Schleimhäute.
6. Wie ansteckend ist das neue Coronavirus?
Sars-CoV-2 gilt als hochansteckend. Die Ursachen dafür sind nicht umfassend bekannt. Sicher ist, dass Infizierte in der frühen Phase der Erkrankung sehr viele Viren im Rachenraum haben, die sie durch Husten ausscheiden können. Dadurch stecken sie andere Personen an. Für eine Ansteckung braucht es aber selbst mit hochinfektiösen Viren eine bestimmte Menge, um infiziert zu werden. Selbst wenn man direkten Kontakt mit Infizierten hat, muss man nicht zwangsläufig angesteckt werden, wenn man auf Schutzmaßnahmen achtet.
Wenn es nur wenigen Viren gelingt, auf einen anderen Menschen überzuspringen, ist das Immunsystem auch durchaus in der Lage, rechtzeitig genug Abwehrkräfte zu mobilisieren, dass es nicht zu einem Krankheitsausbruch kommt. Wenn eine große Menge Viren überspringt, kann das Immunsystem sich diesen wichtigen Anfangsvorteil häufig nicht verschaffen.
7. Gibt es unterschiedliche Varianten des Virus, und sind diese unterschiedlich aggressiv?
Nach dem Tode einer 16-jährigen Französin wurde der Generaldirektor für Gesundheit des Landes, Jérome Salomon, mit den Worten zitiert, die junge Frau habe wohl eine besonders aggressive Variante des Virus gehabt. Tatsächlich weiß man bislang von zwei Hauptvarianten, eine davon löst möglicherweise häufiger als die andere schwere Verläufe aus. Nachgewiesen ist das aber nicht. Aussagen wie die Salomons, in denen über seltene, vermeintlich besonders aggressive Varianten spekuliert wird, entbehren bislang jeder wissenschaftlichen Grundlage.
8. Wird sich das Coronavirus weniger stark ausbreiten, wenn es wärmer wird?
Das ist möglich. Ob Covid-19 sich saisonal ähnlich wie Influenza oder mildere Erkältungskrankheiten verhält, deren Übertragung und Erkrankungsraten in warmen Monaten niedriger sind, ist unbekannt. Es gibt aber Grund zur Annahme, dass es zumindest einen gewissen entlastenden Effekt in diese Richtung geben könnte. Zum einen nimmt die Tendenz, dass Menschen sich eng beieinander in nicht oder schlecht belüfteten Räumen aufhalten, in der wärmeren Jahreszeit ab. Das kann zu seltenerer Übertragung beitragen.
Dazu kommt ein wenig bekannter Faktor. Auf ihn weist etwa die Expertin für die Verbreitung von Infektionskrankheiten, Elizabeth McGraw von der Pennsylvania State University hin: Ausgehustete oder -genieste Minitröpfchen sinken aus rein physikalischen Gründen in wärmerer, feuchterer Sommerluft schneller zu Boden – und damit aus dem Bereich, in dem sie eingeatmet werden können – als bei niedrigen Temperaturen und geringerer Luftfeuchtigkeit. Auch die erhöhte UV-Strahlung kann im Sommer dazu beitragen, dass etwa auf Oberflächen im Außenbereich befindliche Virenpartikel schneller zerstört werden.
All diese Effekte dürften aber verglichen mit den erhofften Auswirkungen der derzeit geltenden Maßnahmen eher gering ausfallen. Experten gehen inzwischen davon aus, dass mögliche saisonale Faktoren nur eine untergeordnete Rolle im weiteren Verlauf spielen werden.
9. Wird das Coronavirus im nächsten Herbst/Winter zurückkommen?
Zunächst ist völlig unklar, ob es bis dahin überhaupt deutlich zurückgedrängt sein wird. Und die unter dem vorherigen Punkt erörterten Mechanismen gelten natürlich theoretisch auch umgekehrt, was dann wieder zu einer erhöhten Übertragungsgrate führen könnte. Allerdings handelt es sich, wie schon oft erwähnt, um einen für Menschen komplett neuen Erreger, der erst seit ein paar Monaten bekannt ist. Deshalb gibt es keine entsprechenden Erfahrungen.
10. Wie lange dauert es, bis man nach einer Infektion erkrankt?
Die Zeitspanne zwischen Übertragung des Erregers und Ausbruch der Krankheit (die Inkubationszeit) kann nach derzeitigen Annahmen bis zu 14 Tage betragen. Meist sind es aber offenbar nicht mehr als fünf Tage. Man muss allerdings hier zwei weitere Aspekte nennen: Einerseits gibt es zumindest Hinweise darauf, dass es in Ausnahmefällen auch länger als 14 Tage dauern kann. Zudem sagt die Inkubationszeit nichts darüber aus, wie lange Personen, die gar nicht spürbar oder erkennbar erkranken, aber infiziert sind, infektiös bleiben. Die Erfahrung mit anderen Erregern legt nahe, dass solche Leute das Virus sogar über längere Zeiträume weitergeben könnten.
11. Was sind die Symptome einer Covid-19-Erkrankung?
Die Symptome ähneln denen einer Erkältung, also etwa Kratzen im Hals und erhöhte Temperatur, allgemeines Unwohlsein und damit in Kombination Müdigkeit. Sehr oft berichten Infizierte von zunächst Fieber und dann trockenem Husten als ersten Beschwerden. Das Robert-Koch-Institut wertet die Symptome der Erkrankungsfälle in Deutschland fortlaufend aus: Danach sind Husten, Fieber und Schnupfen die drei häufigsten Begleiter der Erkrankung. Auch der Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns scheint häufig aufzutreten, ist aber auch bei anderen Atemwegsinfektionen nicht selten. Zum Teil treten Durchfälle auf.
Es gibt auch Meldungen über Fälle, bei denen Betroffenen völlig untypische Symptome hatten und der Befund eher durch Zufall erstellt wurde. Die Erkrankung in der Frühphase sicher zu diagnostizieren ist ohne Labortests selbst für erfahrene Ärzte fast unmöglich.
Bei schweren Verläufen, bei denen sich die Viren massiv in der Lunge vermehren können, tritt etwa ab der zweiten Krankheitswoche Atemnot auf.
12. Was ist der Unterschied zwischen einer Coronavirus-Erkrankung und einer Grippe?
Die Zahl der Covid-19 zugeschriebenen Todesfälle ist, Stand Anfang April, bereits deutlich höher als die der durch Influenza verursachten in dieser Grippesaison. Die Symptome sind teilweise gleich oder ähnlich, wobei starker Schupfen für Covid-19-Erkrankungen aber eher untypisch ist. Die Unterschiede liegen unter anderem im molekularen Mechanismus, über den die Viren sich Zugang zu den Zellen ihres Wirtes verschaffen – und wo im Atemtrakt sie dies tun.
Anfangs gingen Experten davon aus, dass sich das neue Coronavirus ähnlich wie das Sars-Virus 2003 verhält und vor allem Lungenzellen tief in den Bronchien befällt. Inzwischen haben Forscher aber herausgefunden, dass Sars-CoV-2 in den oberen Atemwegen in enorm großer Menge vorkommt, die Virendichte ist sogar höher als bei den Influenza-Viren einer Grippe. Das liegt daran, dass die Sars-CoV-2-Viren auch dort im Rachen heranreifen können, während das Sars-Virus von 2003 das nicht konnte.
Je mehr Pneumologen, Virologen und Intensivmediziner über die Erkrankung lernen, je mehr Fälle sie sehen, desto mehr zeigen sich auch andere deutliche Unterschiede zur Grippe, und selbst zu durch Grippeviren ausgelösten Lungenentzündungen. So sind etwa die Infektionszeichen in der Lunge auf CT-Bildern sehr anders als die bei anderen viralen Lungenentzündungen. Auch die Atemnot der Patienten sei „anders“, sagt der Regensburger Lungenspezialist Michael Pfeifer, weshalb man auch die Art der Beatmung anpassen müsse.
13. Bei welchen Symptomen sollte man einen Arzt kontaktieren?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rät, einen Arzt zu kontaktieren, wenn diese Symptome auftreten: Fieber, Husten und Kurzatmigkeit. In diesen Fällen sollte man seinen Hausarzt aber zunächst anrufen, da dies auch typische Begleiterscheinungen anderer Atemwegserkrankungen sind. Deshalb reichen diese Symptome auch nicht aus, um einen Test auf das Coronavirus zu veranlassen. Laut dem Ärztlichen Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigungen kommt ein solcher Test in Betracht, wenn zu den genannten drei Hauptsymptomen noch diese Bedingungen hinzukommen: Der Betroffene gehört zu einer Risikogruppe, hat also Vorerkrankungen oder ist älter als 60 Jahre, er hatte in den letzten 14 Tagen Kontakt zu einer Person, bei der das Coronavirus nachgewiesen wurde, oder er hat beruflich oder ehrenamtlich mit Menschen zu tun, die ein hohes Erkrankungsrisiko für Covid-19 tragen und deshalb geschützt werden müssen, er arbeitet also etwa als Arzt oder Pflegekraft im Krankenhaus, im Pflegeheim oder bei einem ambulanten Pflegedienst.
14. Wenn ich Grippesymptome zeige, aber gegen Grippe geimpft bin, kann ich dann davon ausgehen, an Covid-19 zu leiden?
Nein. Generell ist es so, dass eine Grippeimpfung immer nur vor jenen Grippeerregern schützt, die ein Gremium aus Fachleuten Monate zuvor als die hauptsächlich problematischen Virentypen der kommenden Saison identifiziert hatte. Denn sonst könnten die Riesenmengen Impfserum, die nötig sind, mit den derzeit genutzten Methoden gar nicht hergestellt werden. Es gehen aber immer auch andere Varianten um, gegen welche die Impfung nicht oder schlechter schützt.
Zudem kann es sein, dass das Immunsystem auf eine Impfung nicht ausreichend reagiert hat. Es ist also möglich, trotz Grippeimpfung Grippe zu bekommen. Es ist auch möglich, dass „Grippesymptome“ auftreten, die auf ein anderes Atemwegs-Virus zurückgehen, also weder auf das neue Corona- noch ein Influenza-Virus. Es ist auch möglich, dass Symptome von bakteriellen Erregern ausgelöst werden.
15. Infektionsverdacht – was soll ich tun?
Zuallererst sollte man Vorkehrungen treffen, andere vor einer möglichen Übertragung zu schützen (siehe dazu unsere ausführliche Liste der Vorkehrungen und Verhaltensweisen). Dazu gehört auch, möglichst nicht die Hausarztpraxis aufzusuchen und sich dort inmitten anderer Wartender aufzuhalten. Man kann in der Hausarztpraxis anrufen und die Situation mit Arzt, Ärztin oder Personal besprechen und sich hinsichtlich des weiteren Vorgehens beraten lassen.
Die Gesundheitsämter der Bezirke in Berlin bieten jeweils telefonischen Service. In der Regel sollte man die speziellen Coronavirus-Untersuchungsstellen aufsuchen. Wer Beschwerden wie Fieber und Husten hat, sollte zuhause bleiben und darauf achten, den möglichen Erreger nicht weiterzugeben. Stellt sich Atemnot ein, sollte unverzüglich professionelle Hilfe gesucht werden.
Auch in der Rettungsstelle des nächsten Krankenhauses kann man anrufen, besonders, wenn man schwerere Symptome zeigt. Der ärztliche Bereitschaftsdienst ist unter 116117 zu erreichen. In Berlin gibt es eine zentrale Hotline (030 9028 2828). Das Robert Koch-Institut bietet zudem ein Online-Tool, in dem über die Postleitzahl deutschlandweit lokale und regionale Ansprechstellen ausgespielt werden.
16. Wie funktioniert ein Coronavirus-Test?
Um Coronaviren nachzuweisen, braucht die Ärztin oder der Arzt einen Abstrich aus dem Rachen oder „Sputum“, also Auswurf tief aus der Lunge. Letzteres ist nicht leicht zu bekommen, deshalb sind Rachenabstriche die Regel. Anfangs dachte man, dass sich die Viren vor allem in tieferen Regionen der Atemwege vermehren und Rachenabstriche möglicherweise nicht ausreichen. Infektionsmediziner fanden aber bald heraus, dass die Viren in der Regel auch im oberen Rachenbereich in „enormen Mengen“, wie der Virologe Christian Drosten sagt, vorkommen.
Das von ihm auf Grundlage seines 2003 etablierten Sars-Tests entwickelte Verfahren weist Erbgut des Virus nach. Es ist der derzeitige Standardtest. Das Verfahren ist aber relativ aufwendig und dauert lange, weil dafür zunächst die winzigen in einer Probe vorhandenen Erbgutmengen vervielfältigt werden müssen. Tests, die selbst Antikörper enthalten und so Protein-Bestandteile des Virus nachweisen – und das deutlich schneller – gibt es bereits.
Für sie ist allerdings statt eines Rachenabstriches Blut notwendig. Sie sollen in Kürze in größerem Maße eingesetzt werden. Wie sicher und zuverlässig sie genau sind, muss erst noch im Detail untersucht werden.
17. Was passiert mit dem Abstrich?
Ist der Abstrich erfolgt, sind virologische Labore anhand des Standard-Testkits in der Lage, ein Vorhandensein des Virus anhand seines Erbmaterials nachzuweisen. Ob es sich tatsächlich um infektiöse Viren oder vielleicht nur um übrig gebliebenes Erbmaterial nach überstandener Infektion handelt, lässt sich so aber nicht unterscheiden.
Es ist aber wahrscheinlich, dass es sich dann um aktive Viren handelt. Für den tatsächlichen Nachweis wäre es eigentlich notwendig, zu versuchen, die Viren in Zellkulturen anzuzüchten. Das kann nur in Ausnahmefällen gemacht werden. Fällt bei bestehender grippeartiger Erkrankung der Test negativ aus, ist es hochwahrscheinlich, dass die Symptome nicht von Sars-CoV-19 ausgelöst werden.
18. Stimmt es, dass man schwer an Covid-19 erkrankt sein kann, ein Rachenabstrich aber negativ ausfällt?
Tatsächlich scheint das Virus bei schweren Verläufen nicht nur vom Rachen- in den Lungenraum zu wandern, sondern ist oft, wenn das geschehen ist, im Rachenraum auch gar nicht mehr nachweisbar. Im Auswurf („Sputum“) aus der Lunge dagegen finden sich dann große Mengen Virus. Das bedeutet auch, dass bei Personen, die bereits mit schweren Symptomen in ein Krankenhaus kommen, der Rachenabstrich zum Ausschluss einer Sars-CoV-2-Infektion nicht ausreicht.
19. Wie funktionieren Antikörpertests und warum brauchen wir sie?
Wer sich mit dem Coronavirus infiziert, braucht etwa zehn Tage, bis im Blut erste Antikörper gebildet werden. Zwei oder drei Wochen nach der Infektion hat man deutliche Antikörper im Blut. Anhand einer Blutprobe lässt sich das messen. Diese Antikörpertests nennen sich ELISA-Tests, auf Deutsch heißen sie Enzym-Immuno-Tests.
Der Vorteil dieser Tests: Antikörper lassen sich im Blut nachweisen, auch wenn der Infizierte keinerlei Anzeichen der Infektion gespürt hat. Die Antikörper bleiben auch im Körper, wenn die Erkrankung bereits abgeklungen ist. Es ließen sich mit einem solchen Test also Menschen identifizieren, die bereits infiziert waren und jetzt immun gegen das Virus sind. Sie könnten wieder zur Arbeit gehen. Solche Tests wären also insbesondere für Klinik- und Pflegepersonal extrem wichtig.
20. Was ist der Unterschied des Antikörpertests zu den bisherigen Tests?
Bisher werden hauptsächlich sogenannte PCR-Test angewandt, um Menschen auf das neuartige Coronavirus SARS Cov-2 zu testen. PCR steht für Polymerase-Kettenreaktion. Bei diesem Test wird zunächst ein Rachenabstrich des Patienten genommen. Im Labor wird die Erbinformation des Virus abgeschrieben und dabei vervielfältigt und eine Farbreaktion erzeugt.
Vorteil dieses Tests ist die sehr hohe Genauigkeit, harmlose Coronaviren werden nicht mit angezeigt. Zu den Nachteilen gehört, dass der Test mehrere Stunden dauert, dazu kommt der Transportweg. Außerdem ist das Virus nur in der ersten Woche der Erkrankung zuverlässig nachweisbar, da in der zweiten Woche Viren vom Rachen in die Lunge wandern.
21. Wie bedrohlich ist die Erkrankung Covid-19?
Es ist – beispielsweise an zwei Personen, die aus Wuhan nach Deutschland ausgeflogen worden waren – nachgewiesen, dass Personen infiziert sein und mit dem Virus fertig werden können, fast ohne oder komplett ohne Symptome zu zeigen. Auch Personen, die Symptome zeigen, erkranken meist nicht ernsthaft. Derzeit wird davon ausgegangen, dass der Anteil der eher milden, erkältungsähnlichen Verläufe bei etwa 80 Prozent derer, die überhaupt deutliche Symptome zeigen, liegen könnte.
Wie groß der Anteil der fast oder gar keine Symptome zeigenden Personen unter der Gesamtheit der Infizierten ist, ist unbekannt. Die Verfasser des Notfallplans für Berliner Kliniken erwarten nach den Erfahrungen der besonders betroffenen Länder China und Italien, dass etwa fünf Prozent der bestätigten Infektionen im Krankenhaus intensivmedizinisch behandelt werden muss. Diese Zahl ist aber umstritten. Sicher aber ist, dass bes ei einem kleinen Prozentsatz, der noch immer nicht verlässlich festgesetzt werden kann, zu ernsthaften Verläufen kommt. In der Regel verschlimmert sich deren Zustand in der zweiten Woche, sie entwickeln dann eine Lungenentzündung. Etwa in der dritten Woche kann sich der Zustand weiter verschlechtern.
Charakterisiert ist diese Phase unter anderem durch eine überschießende, unspezifische Immunreaktion, die auch andere Organe angreifen kann. Solche schweren Verläufe erfordern intensivmedizinische Behandlung, etwa Beatmung und Flüssigkeitszufuhr per „Tropf“. Auch Antibiotikagaben können aufgrund von bakteriellen Infektionen, die sich wegen des geschwächten Immunsystems und der angegriffenen Lungengewebe einstellen, notwendig werden. Allerdings berichten Kliniker, dass solche bakteriellen Zusatzinfektionen bei Covid-19 eher selten auftreten.
Insgesamt muss die Erkrankung als bedrohlich angesehen werden, denn sie kann tödlich enden, und am Anfang der Infektion ist nicht abzusehen, welchen Verlauf die Erkrankung letztlich nehmen wird. Könnte man dies besser abschätzen, dann wäre es auch möglich, besonders gefährdete Patienten früh speziell und ressourcenintensiv zu behandeln.
22. Wie viele Menschen sind bislang weltweit infiziert, gestorben – oder wieder genesen?
Hier ändern sich die Zahlen täglich. Stetig aktualisiert wird die Website der Johns-Hopkins-Universität. „Total confirmed“ bedeutet: insgesamt bestätigte Fälle. „Total deaths“: Todesfälle gesamt. „Total recovered“: Genesene gesamt. Die Zahlen sind mit Unsicherheiten behaftet. So muss man etwa davon ausgehen, dass sehr viele Menschen, die keine oder leichte Symptome zeigen oder zeigten, infiziert sind oder waren, aber nicht in diese Statistik eingehen, weil sie nicht getestet werden bzw. wurden.
Zahlen für Deutschland legt auch das Robert Koch-Institut täglich vor, sie weichen von denen der oben genannten Quelle teilweise deutlich ab. Ursache dafür ist der Zugriff der beiden Institutionen auf teilweise abweichende Datenquellen und unterschiedliche Publikationszeitpunkt der Zahlen. Die Interaktive Karte des Tagesspiegel mit Informationen bis auf Landkreisebene greift auf die Zahlen des Robert Koch-Instituts, aber auch auf andere Quellen, zurück.
23. Gibt es Risikogruppen, die besonders gefährdet sind, schwer zu erkranken?
Den überwiegenden Anteil der Coronavirus-Todesfälle machen bislang ältere Personen mit Vorerkrankungen aus, auch den überwiegenden Teil der schweren Verläufe ohne tödliches Ende. Zudem scheint die Krankheit für Männer gefährlicher zu sein als für Frauen. Ein Grund dafür ist möglicherweise, dass Männer häufiger starke Raucher sind und durch den Tabakgenuss bedingte Vorschädigungen der Lunge für schwere Verläufe prädestinieren. Doch auch hier ist die Datenlage noch nicht ausreichend.
Und es gibt Hinweise, dass es in Situationen, deren bestimmende Faktoren ebenfalls längst nicht geklärt sind, auch anders sein kann. So sind, Stand Ende März, die im Raum Regensburg behandelten Patienten, die an ein Beatmungsgerät müssen, von der Altersstruktur her deutlich gemischter. Laut Angaben des Charité-Virologen Christian Drosten sprechen die Daten insgesamt dafür, dass Kinder deutlich seltener ernsthaft erkranken als Erwachsene, und auch dafür, dass Schwangere nicht besonders gefährdet sind. Dennoch sind auch schon Jugendliche an den Folgen von Covid-19 gestorben.
24. Welche Gefahren bestehen für Kinder?
Kinder sind bislang, soweit Daten vorliegen, selten von ernsthaften Verläufen betroffen. Doch je mehr sich das Virus verbreitet, desto häufiger erkranken auch einzelne Kinder und Jugendliche schwer. In den USA verstarb kürzlich ein Säugling, in Frankreich eine Sechzehnjährige, die soweit die Untersuchungen ergeben haben unter keinerlei Vorerkrankungen gelitten hatte.
Warum gerade diese jungen Menschen von schweren Verläufen betroffen sind, die meisten anderen aber nicht, ist unklar. Wie bei Erwachsenen könnten Vorerkrankungen oder unerkannte Immunschwächen die Ursache sein. Wichtig ist auch, dass junge Menschen, die nicht oder kaum erkranken, möglicherweise effektive Überträger sind. Das gilt vor allem unter normalen Umständen, wenn keine soziale Distanzierung praktiziert und forciert wird.
Unter anderem aufgrund ihres Aufenthaltes in Kitas und Schulen sind sie erhöhtem Infektionsrisiko ausgesetzt. Ihre oft noch nicht voll ausgeprägten Fähigkeit, auf Hygiene oder gar Abstandhalten von anderen zu achten, kommt hinzu. Möglicherweise infizierte Kinder sollten zuhause so gut es geht isoliert werden. Da vor allem ältere Menschen gefährdet sind, sollten Besuche bei oder von Oma und Opa unbedingt vermieden werden.
25. Sind Schwangere und die von ihnen ausgetragenen Kinder besonders gefährdet?
Dafür gibt es bislang keine Hinweise. Möglich ist dies jedoch. Bei anderen Viren ist dies der Fall, unter anderem, weil das Immunsystem werdender Mütter sich aufgrund der Schwangerschaft verändert. Hier muss gelten, dass werdende Mütter und Un- oder Neugeborene – auch wenn die Datenlage nicht klar ist – besonders geschützt und begleitet werden müssen, soweit dies irgend möglich ist.
Dass Neugeborene infiziert sein können, ist seit Februar in China nachgewiesen. Das Baby einer infizierten Mutter trug das Virus in sich. Ob es im Mutterleib, bei der Geburt oder kurz danach infiziert wurde, ist unklar. Schwangere sollten – wie derzeit ohnehin alle – besonders auf Infektionsschutz achten. Sie sollten dies ganz bewusst und auch gegenüber anderen selbstbewusst tun.
Und in dem Bewusstsein, alle möglichen Vorkehrungen zu treffen und damit das ohnehin nicht nachgewiesene, sondern nur möglicherweise bestehende besondere Risiko massiv zu senken, sollten sie sich von den Umständen möglichst wenig stressen lassen. Partner müssen die Frauen dabei bestmöglich und verständnisvoll unterstützen.
26. Ich bin jung, und mein Immunsystem scheint in Ordnung zu sein. Warum sollte ich trotzdem vorsichtig sein?
Hier stellt sich die Frage der Solidarität mit den Schwächsten. Wer selbst nicht oder nur milde erkrankt, das Virus aber weiterverbreitet, kann letztlich schuld an schweren Erkrankungen anderer und sogar Todesfällen sein. Zudem erkranken immer wieder junge Menschen, bei denen keinen Vorerkrankungen bekannt sind, schwer. In dieser Gruppe gibt es auch Todesfälle.
27. Könnten wirklich bis zu 70 Prozent der Weltbevölkerung erkranken, wie ein Harvard-Forscher behauptet?
Es handelt sich hier um eine Aussage von Marc Lipsitch, einem ausgewiesenen Experten. Allerdings spricht er nicht von Erkrankungen, sondern von Infektionen. Da man erstens noch nicht genügend über das Virus weiß und zweitens es nirgends auf der Welt Erfahrungen mit einer Pandemie in der jetzigen Form und unter Bedingungen des 21. Jahrhunderts gibt, sind Vorhersagen auch von Experten unsicher. Insofern: Ja, es könnte sein, dass das Virus große Teile der Weltbevölkerung infiziert.
Vermutlich aber würden dann längst nicht alle auch wirklich „erkranken“, und die meisten nicht ernsthaft. Trotzdem wären die Folgen sehr ernst und es würde, selbst wenn die Letalität unter einem Prozent läge, viele Todesopfer geben. Es könnte aber auch sein, dass das Virus durch genetische Veränderungen an Virulenz verliert und sich die Lage beruhigt. Wie immer in Situationen, in denen es offensichtliche Risiken gibt, viele Details aber unklar sind, muss gelten: möglichst vorsichtig, umsichtig, rücksichtsvoll handeln, aber sich nicht auch noch von Panik „anstecken“ lassen.
28. Wenn sich über kurz oder lang ohnehin die meisten Menschen mit Sars-CoV-2 infizieren, warum ist es überhaupt sinnvoll, sich zu schützen?
Wer die Infektion ohne Folgeschäden überstanden hat, ist tatsächlich in einer sehr vorteilhaften Situation. Er oder sie kann auch zu einer großen Hilfe bei der Bekämpfung der Epidemie werden. Allerdings ist der Ansatz, sich bewusst einer Infektionsgefahr auszusetzen, vergleichbar mit Russischem Roulette.
Denn ob man, wenn man erkrankt, die Krankheit ohne einen ernsthaften Verlauf durchmachen zu müssen oder gar in Lebensgefahr zu geraten, übersteht, ist auch für jüngere Personen, die sich selbst als gesund und abwehrstark einstufen, keinesfalls sicher.
Und wer in einer Phase, während derer das Gesundheitssystem möglicherweise seine Kapazitätsgrenzen erreicht hat, erkrankt, für den oder die ist eine optimale Versorgung nicht garantiert. Zudem gefährdet man, selbst wenn man nicht ernsthaft erkranken sollte, durch die eigenen Infektiosität potenziell andere. Auch hier ist es also, nach derzeitigem Wissensstand, sinnvoll und solidarisch, sich an die Maxime zu halten, alles zu tun, damit „die Pandemie-Kurve“ möglichst flach verläuft.
29. Kann man sich ein zweites Mal infizieren?
Es gibt zumindest Hinweise darauf, etwa bei einer Frau in Japan, aber auch bei Personen in China. Ende März kamen Meldungen aus Wuhan, dem ersten Epizentrum der Epidemie, wo bei bis zu zehn Prozent der eigentlich als genesen geltenden Personen der Test positiv anschlug. Bei den Befunden könnte es sich aber auch um Fälle gehandelt haben, bei denen die Krankheit schlicht noch nicht ausgeheilt und das Virus nicht ganz verschwunden war.
Eine andere Hypothese lautet, dass bei diesen Personen das Immunsystem zwar ausreichend arbeitet, um das Virus zu kontrollieren, doch noch nicht in dem Maße, das für ein komplettes Verschwinden des Virus notwendig wäre. Virologische Untersuchungen legen jedenfalls nahe, dass die Interaktion von Immunsystem und Virus den normalen Regeln folgt und Personen, die erkrankt waren, zumindest auf absehbare Zeit immun sind.
30. Können Personen, die von Covid-19 genesen sind, Erkrankten helfen?
Das ist tatsächlich möglich, und das auf zwei verschiedene Arten: Einerseits sind Leute, die die Krankheit überstanden haben, höchstwahrscheinlich immun gegen das Virus. Sie können also wahrscheinlich ohne Gefahr mit akut Infizierten in Kontakt treten, also zum Beispiel in der Nachbarschaftshilfe bei der Versorgung und Betreuung von Personen in häuslicher Quarantäne helfen.
Zudem ist es grundsätzlich denkbar, von Genesenen Blutplasma zu gewinnen. In diesem Teil des Blutes sollten sich Antikörper gegen das Virus befinden. Man könnte es Erkrankten injizieren. Die Antikörper würden dann, wenn sie in ausreichender Zahl vorhanden sind, eine entsprechende Zahl Viren neutralisieren. Das würde, wenn die Behandlung rechtzeitig erfolgt, Symptome lindern und dem Immunsystem der Erkrankten mehr Zeit verschaffen, selbst Abwehrmoleküle zu bilden.
Etwa an der medizinischen Hochschule Hannover wird an diesem Ansatz gearbeitet. Er ist von anderen Krankheiten her etabliert, schon in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts bekamen etwa während einer Masernepidemie erkrankte Kinder Plasma gespritzt, was einen sehr hilfreichen Effekt hatte. In der aktuellen Situation ist das Problem, dass es im Vergleich zu der Zahl der Erkrankten noch relativ wenige nachgewiesene Genesene gibt.
Deshalb stünden, selbst wenn die Personen bereit wären, Plasma zu spenden, relativ wenige Spender zur Verfügung. Zwar gibt es wahrscheinlich sehr viel mehr Corona-Infizierte und genesene als offiziell bekannt. Aber diese ausfindig zu machen und für eine Plasmaspende zu gewinnen wäre sehr aufwendig. Möglich wäre auch, tiefgefrorenes Plasma von Spendern aus Gegenden, wo die Epidemie bereits abebbt und wo nicht alle Plasmaspenden für Patienten vor Ort benötigt werden, zu importieren, etwa aus der Provinz Hubei in China.
31. Wie werden die schwer Erkrankten im Krankenhaus behandelt?
Da es bisher keine Arzneimittel gibt, mit denen sich die Krankheit ursächlich behandeln, also das Coronavirus bekämpfen lässt, geht es bei der Therapie im Krankenhaus vor allem darum, die schweren Symptome zu lindern, Folgeerkrankungen wie bakterielle Infektionen oder eine Herzschädigung zu verhindern und der beeinträchtigten Lunge Zeit zu verschaffen, sich zu erholen. Denn Covid-19 ist nach Expertenmeinung vor allem für die Lungenzellen „zerstörerisch“. Deshalb kommt der Beatmung im Krankenhaus eine besondere Bedeutung zu. Laut den Therapieempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für internistische Intensivmedizin sollen Patienten mit Kurzatmigkeit mit mehr als 30 Atemzügen pro Minute auf der Intensivstation versorgt und überwacht werden. Für eine Beatmung gibt es drei verschiedene technische Verfahren, die je nach Schwere der Lungenschädigung eingesetzt werden: bei nichtinvasiven Geräten erfolgt die Beatmung über eine Maske und bei invasiven Beatmungsgeräten über Schläuche in der Lunge. Oft wählen Ärzte dafür die Bauchlage, weil die Erfahrungen gezeigt haben, dass die Lunge so besser belüftet werden kann. Wegen des Fremdkörpers in Rachen und Lunge sind die Patienten dabei oft medikamentös ruhiggestellt. Ein drittes Verfahren kommt zum Einsatz, wenn die Lunge komplett versagt. Dann wird mithilfe einer sogenannten ECMO („Extrakorporale Membranoxygenierung“) das Blut des Patienten in das Gerät geleitet, dort direkt mit Sauerstoff gesättigt und zurück in den Körper geführt.
Die Beatmung ist über Tage, oft eine oder zwei Wochen nötig.
32. Müssen schwer Erkrankte, denen die Medizin keine Hoffnung auf Heilung mehr machen kann, fürchten, „qualvoll zu ersticken“?
Einige Formulierungen aus der Nachrichtenflut der letzten Tage schockierten ganz besonders: Da ist die Rede von Patienten, denen man „nicht mehr helfen“ könne, die von Kliniken „nach Hause geschickt“ würden und dort „qualvoll ersticken“. Doch das ist falsch. „Wir verfügen über gute Hilfsmittel gegen Atemnot, und auch gegen die damit verbundene Angst und Unruhe“, versichert Wiebke Nehls, Oberärztin an der Lungenklinik Heckeshorn im Helios Klinikum Emil von Behring in Zehlendorf. Diese Symptome sind für Lungenspezialisten nicht neu. „Den Umgang damit beherrschen wir“, sagt Nehls. Wenn sich eine Beatmung als nicht (mehr) sinnvoll erweist, kommen Opioide zum Einsatz, die genau dosiert werden können, außerdem Beruhigungsmittel, die gegen Angst und Unruhe wirken.
33. Gibt es Ärzte oder Krankenhäuser, die auf Corona-Patienten besonders gut vorbereitet sind?
Patienten mit schweren Corona-Symptomen müssen aufgrund ihrer Infektiosität isoliert und aufgrund ihrer schweren Symptome intensivmedizinisch versorgt werden. Das ist auf Intensivstationen in fast jedem allgemeinversorgenden Krankenhaus grundsätzlich möglich. Auch zusätzliche Isolierbetten bereitzustellen oder ganze Stationen für diesen Zweck abzutrennen, ist geplant.
Inzwischen sind auch in Deutschland die Vorbereitungen gut koordiniert, bei Kapazitätsengpässen können Patienten verlegt werden. Zu versuchen, sich von vermeintlichen Koryphäen auf vermeintlich besonders gut ausgestatteten Stationen behandeln zu lassen, ergibt keinen Sinn und ist womöglich kontraproduktiv für den Patienten, da sich so der Beginn der Behandlung fast immer verzögert, was über Leben und Tod entscheiden kann.
34. War und ist Deutschland auf einen großen Ausbruch gut vorbereitet?
„Bestmöglich“ lautete die Antwort, die Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in der Frühphase mehrfach gab. „Bestmöglich“ muss aber nicht unbedingt auch „sehr gut“ bedeuten. Das föderale System und dessen Entscheidungs- und Koordinationsprobleme haben in jener Frühphase der Epidemie dazu beigetragen, dass der Eindruck eines Flickenteppichs von Entscheidungen und Maßnahmen bzw. deren Ausbleiben entstand. Es erschwert zudem Koordinierung und Zusammenführung von Daten.
So war es etwa in einer Recherche des Tagesspiegels im Februar nicht möglich, trotz zahlreicher Anfragen konkrete und flächendeckende Angaben zur Zahl der in Deutschland im Ernstfall zur Verfügung stehenden Isolationsbetten und der Verfügbarkeit von zusätzlich benötigtem medizinischem Personal zu bekommen.
Ein erschwerender Faktor könnte auch die Demographie sein, da es in Deutschland vergleichsweise viele alte Menschen mit bestehenden Erkrankungen gibt, welche als Hauptrisikogruppe für lebensbedrohliche Verläufe gelten. Deutschland hat aber insgesamt ein vergleichsweise gut funktionierendes Gesundheitssystem und hält vergleichsweise viele Krankenhausbetten vor.
Katastrophenschutzorganisationen wären auch in der Lage, im Ernstfall zusätzliche Unterbringungskapazitäten für Erkrankte zu schaffen. Auch großangelegte, länderübergreifende Übungen zur Simulation einer Pandemie hat es bereits gegeben. Ein Bereich, in dem die Vorbereitung mangelhaft war, ist das ausreichende Vorhalten von Schutzausrüstung und Gesichtsmasken für das medizinische Personal.
Zudem sind Kommunen meist schlecht vorbereitet. Sie hatten in den allermeisten Fällen keinerlei Notfallpläne für einen Epidemie-Situation. Viel wird davon abhängen, ob und wie gut es gelingt, durch die verhängten Maßnahmen und durch einsichtige Verhaltensänderungen der Bürger die Verbreitung des Virus zumindest zu verlangsamen.