Die Kurve mit den Coronavirus-Infizierten in Berlin zeigt weiterhin steil nach oben, allerdings gibt es erste Anzeichen einer Verlangsamung des Infektionsgeschehens. Derzeit gibt es in Berlin 3223 bestätigte Fälle (Stand: Donnerstag, 2. April, 16.15 Uhr), das sind 230 mehr als am Vortag, was einem Wachstum um 7,7 Prozent entspricht. In diesem Bereich bewegt es sich seit mehreren Tagen. Die Raten betrugen in der Vorwoche oft noch mehr als 15 Prozent. Die Zahl der Infizierten hat sich zuletzt erst nach zehn Tagen verdoppelt.
1675 Betroffene sind männlich, 1539 weiblich. Bei neun Personen wurde das Geschlecht nicht übermittelt. 1564 der Infizierten gelten inzwischen als genesen, also 48,5 Prozent. Den Großteil machen häuslich isolierte Patienten aus, die 14 Tage nach Erkrankungsbeginn nicht weiter behandelt werden mussten. 20 Berliner sind bislang am Coronavirus verstorben. Der erste Tote wurde am Freitag, 20. März, vermeldet, seitdem gab es beinahe täglich neue Opfer zu beklagen.
Nach einem starken Anstieg am Vortag auf 479 ist die Zahl der Covid-19-Patienten im Krankenhaus wieder auf 458 gesunken, das ist ein Rückgang um 4,4 Prozent. Allerdings ist die Zahl der Patienten in intensivmedizinischer Behandlung weiter gestiegen, von 104 auf 116, eine Zunahme um 11,5 Prozent.
Anfang des Jahres gab es in Berlin 1045 Intensivbetten mit Beatmungsmöglichkeit, von denen aber nur rund 200 kurzfristig verfügbar waren. Inzwischen sind mehrere hundert Beatmungsplätze hinzugekommen, mittelfristig soll die Gesamtzahl auf 2000 steigen. Spätestens Anfang Mai soll in einer Messehalle eine eigene Covid-19-Klinik für leichtere Fälle eröffnen, seit dem 1. April wird sie eingerichtet. Weitere solcher Behandlungszentren sind geplant.
Der erste Berliner Coronavirus-Fall hatte sich am 1. März bestätigt. Seit Mitte des Monats März steigen die Infizierten-Zahlen stark an. Allerdings hat das Robert-Koch-Institut (RKI) seit Dienstag, 24. März, seine Definition erweitert: Als Covid-19-Fall gilt jetzt auch, wer Kontaktperson eines bestätigten Falls ist und Symptome zeigt.
Grafiken zeigen, was beim Gang durch die Straßen verborgen bleibt
Auch wenn es sich zügig in Berlin ausbreitet, bleibt das Coronavirus eine unsichtbare Gefahr. Während der Frühling von der Stadt Besitz ergreift, sind lediglich die äußeren Folgen der Bekämpfung zu beobachten: Geschäfte und Kneipen bleiben geschlossen, der Verkehr hat abgenommen (das Tagesspiegel Innovation Lab hat das hier anschaulich dargestellt), es sind weniger Fußgänger unterwegs. Viele Menschen bleiben zu Hause.
Wie stark sich das Virus schon jetzt messbar in allen zwölf Bezirken ausgebreitet hat und wie Berlin im Vergleich zum Rest des Landes dasteht, zeigen die folgenden Grafiken aus dem Tagesspiegel Innovation Lab. Sie basieren überwiegend auf Angaben der Senatsgesundheitsverwaltung und teilweise des RKI; geringe Abweichungen bei den Zahlen sind wegen Zeitversatzes möglich.
So breitet sich das Virus in Berlins Bezirken aus
Die Berlin-Karte zeigt, dass sich ein Großteil der Fälle in den Innenstadtbezirken ballt: innerhalb des S-Bahn-Rings. Hier leben die Menschen enger zusammen als am Stadtrand, gibt es tagsüber und nachts viel Austausch in Cafés und Clubs. Auch wenn diese inzwischen geschlossen sind, haben sie zuvor eine starke Ausbreitung des Virus begünstigt. Der Bezirk Pankow ist ein Zwitter: mit seinen nördlichen Ortsteilen Stadtrand, mit Prenzlauer Berg innerhalb des Rings zugleich szenig.
Berlins Bezirke sind in ihrer Größe durchaus vergleichbar. Die Einwohnerzahl bewegt sich zwischen knapp 250.000 (Spandau) und gut 400.000 (Pankow). Die Spreizung bei den Coronavirus-Fallzahlen fällt weit größer aus.
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Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte sind am engsten besiedelt, sie liegen auch bei den Infizierten an der Spitze. Allerdings ist die Bevölkerungsdichte allein kein Kriterium: Charlottenburg-Wilmersdorf und Marzahn-Hellersdorf sind hier vergleichbar, liegen aber bei den Coronavirus-Fällen weit auseinander.
Im Zeitverlauf zeigt sich, dass die noch am ehesten östlich geprägten Bezirke Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick sowie das immer schon ganz eigene Spandau tief im Westen anfangs kaum vom Coronavirus betroffen waren. Inzwischen gibt es jedoch flächendeckend höhere Fallzahlen. Treptow-Köpenick hat sogar zu anderen Bezirken aufgeschlossen. Durch Klicken können Sie sich in der Tabelle die einzelnen Werte jedes Bezirks Tag für Tag anzeigen lassen.
Berlin im Vergleich zu anderen Bundesländern
Im Vergleich mit den anderen Bundesländern bewegt sich Berlin sowohl hinsichtlich der absoluten Zahlen, als auch im Verhältnis zur Größe im Mittelfeld. Hamburg sticht mit einer ungewöhnlich hohen Fallzahl pro 100.000 Einwohner heraus.
Die Verdopplungsrate gilt in einer Pandemie als wichtiger Maßstab für die Ausbreitung eines Erregers. Sie gibt an, wie viele Tage es dauert, bis sich die Zahl der Infizierten verdoppelt hat. In dieser Woche ist die Verdopplungsrate von sechs über acht auf zehn Tage angestiegen. Allerdings sind die Fallzahlen inzwischen so hoch, dass auch bei einer Bremsung des Wachstums immer noch eine gehörige Belastung für das Gesundheitssystem damit einhergeht.
Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) gab im Interview mit dem Tagesspiegel als Ziel aus, die Infektionsgeschwindigkeit in Deutschland so zu verlangsamen, dass es mindestens zehn bis zwölf Tage bis zu einer Verdopplung dauert.
Wer sich für die Zahlen im Detail interessiert, sollte sich unser Interaktiv-Angebot mit allen Daten aus den Städten und Landkreisen in einer übersichtlichen Karte und in Tabellen ansehen. Darin enthalten ist auch eine separate Berlin-Karte, der einzelne Werte und Verläufe für jeden Bezirk zu entnehmen sind.
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