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So soll Deutschland aus dem Lockdown kommen

Wer darf als erstes wieder vor der Tür? Welches Geschäft oder welche Schule wird als erstes wieder geöffnet? Kurz gesagt: Wie sieht Deutschlands Weg aus dem Lockdown aus?

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Offiziell betont die Bundesregierung gerne, Lockerungen der strengen Corona-Maßnahmen stünden – bislang – nicht zur Debatte. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bittet die Bürgerinnen und Bürger immer wieder um Geduld. Eine Lockerung der zahlreichen Einschränkungen des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens noch vor dem 19. April schließt sie aus. „Daran wird sich auch nichts ändern“, betont die Kanzlerin. Zugleich deutet sie aber mit Blick auf so etwas wie den „Coronexit“ an: „Wir denken darüber nach.“

Interaktive Karte

Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) betont, dass die Beschränkungen noch eine Weile bestehen bleiben dürften. „Wir müssen vorsichtig sein und dürfen keinen Rückfall riskieren.“ Erst nach Ostern will er sehen, welche Beschränkungen in Bayern und Deutschland gelockert werden können – und macht einen Fingerzeig. Das in Österreich geplante Stufenmodell sei ein Vorbild, sagt Söder.

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Denn tatsächlich wird hinter den Kulissen bereits jetzt durchaus skizziert, wie der Ausweg aus Deutschlands Lockdown aussehen könnte. Das zeigt ein Papier von Wissenschaftler, das intern in der Bundesregierung zirkuliert wird. Es liegt dem Tagesspiegel vor. Laut diesem Konzeptpapier soll der Lockdown so rasch wie möglich gelockert werden. Auch wenn die Pandemie wohl noch bis 2021 dauern werde, könne sie auch ohne „extensiven Lockdown“ unter Kontrolle gehalten werden.

Das wichtigste zum Weg aus dem Lockdown im Überblick:

  • Als Erstes könnten der Einzelhandel und Restaurants wieder öffnen.
  • In bestimmten Regionen würden auch Schulen wieder öffnen sollen.
  • Großveranstaltungen und private Feiern sollen noch länger verboten bleiben.
  • Um ein erneutes Ansteigen der Coronainfektionen zu verhindern, empfiehlt das Papier eine Pflicht zum Tragen von Schutzmasken in Bussen, Bahnen, Fabriken und anderen Gebäuden.

Demnach ist die „zentrale Kenngröße“ die Ansteckungsrate pro erkrankter Person. „Sie muss nachhaltig auf deutlich unter 1,0 gedrückt werden“, heißt es in dem Schreiben. Das hieße, dass ein Infizierter einen anderen Menschen mit dem Virus ansteckt. Erst dann soll es ein schrittweises Vorgehen geben. 

Aktuell liegt die Reproduktionszahl der Infektionen mit dem Coronavirus nach Angaben von RKI-Präsident Lothar Wieler jedoch wieder zwischen 1,2 und 1,5. Damit wäre sie wieder etwas höher als zum Ende der vergangenen Woche. Am Freitag hatte Wieler den Faktor mit 1 beziffert. 

Hintergründe zum Coronavirus:

So würde der Weg aus dem Lockdown in den einzelnen Bereichen aussehen.

Lockerungen für Wirtschaft und die Restaurants

Vorab definierte Wirtschafts- und Industriezweige mit besonderer Relevanz würden als Erstes nach dem Lockdown wiederbelebt werden – aber nur, wenn diese eigene Schutzsysteme aufgebaut haben. Zudem müsse folgende „Faustregel“ gelten: „Je mehr Kundenkontakt, desto später die Rückkehr zur Normalität.“ Bestimmte Wirtschaftszweige könnten also zunächst als „Inseln“ den Betrieb wiederaufnehmen, wenn sie nicht zu viel Kundenkontakt vorsehen.

Cafés und Gaststätten dürften ebenfalls relativ zeitnah wieder öffnen. Dann allerdings nur mit einer begrenzten Anzahl von Gästen.  Das Verbot von Großveranstaltungen, Versammlungen, privaten Feiern und Clubs bliebe zunächst bestehen.

Kontaktverbote in Schulen und das Bildungssystem

Schulen und andere Bildungseinrichtungen könnten zunächst regional wieder geöffnet werden. Dabei erscheinen Schuleingangskontrollen mit Covid-19-Tests als Insellösungen möglich. Es sollen „Taskforces zur Vorbereitung“ der Öffnung für spezifischen Lebensbereich wie Schulen oder Universitäten gebildet werden. Diese sollen auch Verhaltensregeln erarbeiten. 

Auf dem Weg aus dem Lockdown: das Gesundheitssystem

Das Konzept geht nur auf, wenn Infizierte schnell erkannt und isoliert werden. Dazu müssten allerdings auch die Laborkapazitäten weiter ausgebaut werden. Konkret heißt das, dass 80 bis 100 Prozent aller Kontaktpersonen einer nachweislich infizierten Person innerhalb von 24 Stunden gefunden und auch getestet werden können.

Dazu heißt es in dem internen Papier: „Unsere Schätzungen legen nahe, dass die deutschen Testkapazitäten pro Tag von heute 60.000 auf 500.000 bis Ende Mai erhöht werden müssen, um bei einer schrittweisen Aufhebung des Lockdowns eine wirksame Kontrolle zu erzielen.“ Und um eine entsprechend langsame Durchseuchung der Gesellschaft erzielen zu können und eine Überforderung des Gesundheitssystems zu vermeiden, seien Echtzeit-Tests und -Meldesystem entscheidend. 

Freiwillige App für alle

Um innerhalb von 24 Stunden 80 bis 100 Prozent der Kontaktpersonen eines Infizierten zu Hause oder in Hotels unter Quarantäne stellen zu können, setzt die Bundesregierung auch auf eine freiwillige App.

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Das Robert-Koch-Institut ist am Dienstag mit einer entsprechenden App an den Start gegangen. Über die „Corona-Datenspende-App“, kann man freiwillig Daten spenden. Dazu braucht man eine Smartwatch oder ein Fitnessarmband und ein Smartphone. Mit der App werden Krankheits-Symptome erfasst, über die Wissenschaftler zusätzliche Rückschlüsse über die Verbreitung des Virus ziehen können.

Dazu müssen Nutzer die Postleitzahl und auch Körperdaten, wie Größe, Geschlecht, Gewicht etc., preisgeben. Die App misst den Schlafrhythmus, Körpertemperatur und auch den Puls. So bekommen die Wissenschaftler ein genaueres Bild über Symptommuster beispielsweise. 

Tests und Schutzmasken für den Exit

Im internen Papier wird vorgeschlagen, mobile Teststationen einzurichten. In Risikoregionen seien Screenings der Gesamtpopulation zwei bis drei Mal sinnvoll, auch Regionen ohne Neuinfektionen müssten gezielt einem Screening unterzogen werden.

Sobald ausreichend Schutzmasken vorhanden seien, solle ein Pflicht zum Tragen in Bussen und Bahnen, in Fabriken und Gebäuden eingeführt werden. So heißt es in dem Konzept unter der Überschrift „Übergang in die Viruskontrollphase“. 

Veränderte Arbeitszeiten nach dem Lockdown

Das Arbeitsministerium hat zudem im Einvernehmen mit dem Gesundheitsministerium einen Entwurf für die Covid-19-Arbeitszeitverordnung vorgelegt. Diese regelt, dass „für eine befristete Zeit auch längere Arbeitszeiten, kürzere Ruhezeiten sowie die Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen für bestimmte Tätigkeiten“ möglich sind.

Die Ruhezeit dürfe beispielsweise für Ärzte und Pflegepersonal um bis zu zwei Stunden verkürzt werden, wobei eine Mindestruhezeit von neun Stunden eingehalten werden müsse. Die wöchentliche Arbeitszeit dürfe allerdings 60 Stunden nicht überschreiten, heißt es in der Verordnung. Nur in dringenden Fällen seien Ausnahmen möglich. Ersatzruhetage für Sonn- und Feiertagsdienste dürfen der Verordnung zufolge aufgeschoben werden, aber maximal bis Ende Juli 2020. 

Gesellschaftliche Veränderungen nach den Corona-Maßnahmen

Im Mittelpunkt des internen Konzeptpapiers steht das Verantwortungsbewusstsein des Einzelnen. Es sei entscheidend für den Erfolg der Strategie, dass die Menschen weiterhin Abstand voneinander hielten. Die „Förderung der gesellschaftlichen Akzeptanz der Distanzierungsmaßnahmen durch Informationen über risikoadäquates Verhalten“ werde daher auf der politischen Agenda weit oben stehen müssen.

Letztlich bedürfe es „einer außerordentlichen, gesamtgesellschaftlichen Kraftanstrengung, die die Bundesregierung, die Zivilgesellschaft, die Wissenschaft, die Unternehmen und die Bundeswehr einschließt“, heißt es. Mehrfach betonen die Autoren das einheitliche Narrativ „gemeinsam distanziert“

Der Föderalismus als Hürde für den Exit

Der deutsche Föderalismus wird den Ausstieg nicht einfacher machen. Experten verweisen auf regional unterschiedliche Fallzahlen und Infektionsrisiken. So sind etwa die Baumärkte fast überall ohnehin offen geblieben. In Berlin jedoch auch Buch- und Radläden. In Bayern dürfen Buchhandlungen nicht öffnen. In Hamburg wiederum dürfen zum Beispiel Blumenläden offen sein, in Bremen nicht

Gefährdeten Bürger nach dem Lockdown

Besonderen Schutz sollen laut dem Konzeptpapier die etwa 20 Millionen besonders gefährdeten Bürger bekommen. Alle müssten Zugang zu kostenlosen Tests bekommen.

Aber: Menschen in Alten- und Pflegeheimen müssen demnach zumindest regional weiter mit Beschränkungen leben. Die Autoren schlagen vor: „Besuchssperre für Krankenhäuser und für Alten- und Pflegeheime in Epidemie-Regionen“.