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Bundesregierung muss bei Konzeption der Corona-App umschwenken

Schon am Dienstag könnten Apple und Google Entwicklern ihre Schnittstelle zur Programmierung von Corona-Warn-Apps zur Verfügung stellen. Dies hatte Apple-Chef Tim Cook in einem Gespräch mit EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton in Aussicht gestellt. Zudem hatten beide Unternehmen bereits am Freitag einige Anpassungen und weitere Details zu ihrer Technologie vorgestellt.

Ein Kernpunkt des Konzepts von Apple und Google ist, dass die Feststellung, ob man sich in der Nähe eines infizierten Nutzers aufhielt, ausschließlich auf den Smartphones erfolgen soll. Sie laden sich dafür mindestens einmal am Tag Listen von Krypto-Schlüsseln herunter, die infizierten Personen gehören. Dabei bleibt deren Identität für Apple, Google und die anderen App-Nutzer unbekannt.

Dagegen hatte die Bundesregierung lange an einem Konzept festgehalten, bei dem der Abgleich über einen zentralen staatlichen Server erfolgen sollte. Sie hatte sich davon bessere Möglichkeiten bei der Bewertung der Ausbreitung der Pandemie, beispielsweise durch epidemiologische Berechnungen erhofft.

300 Wissenschaftler und CCC für dezentralen Ansatz

Doch die Kritik an diesem Ansatz war immer weiter angewachsen. Nachdem zunächst 300 Wissenschaftler für einen dezentralen Ansatz plädiert hatten, warnten zuletzt der Chaos Computer Club e. V. (CCC) und weitere Digitalinitiativen wie D64, die Gesellschaft für Informatik (GI) und die Stiftung Datenschutz in einem gemeinsamen offenen Brief an Kanzleramtschef Helge Braun, die geplante zentrale Lösung des Konsortiums PEPP-PT sei „höchst problematisch“. Auch das Bundesinnenministerium hielt nach einem „Spiegel“-Bericht die dezentrale Lösung für sicherer.

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Zudem war bis zuletzt unklar, inwieweit die PEPP-PT-App technisch überhaupt umsetzbar gewesen wäre. Vor allem auf iPhones lässt sich die Bluetooth-Funktion für solche Apps zur Abstandsmessung im Hintergrund nicht nutzen. Dadurch haben auch schon bestehende Apps wie in Österreich oder Singapur Probleme.

Ob die neuen gemeinsamen Schnittstellen von Apple und Google daran etwas geändert hätten und auch bei den zentralen App-Ansätzen nutzbar wären, blieb bis zuletzt offen. Auf entsprechende Nachfragen reagierten die Unternehmen ausweichend. Allerdings interpretierten Beobachter die gerade vorgestellten Verstärkung der Verschlüsselungs- und Datenschutzmechanismen so, dass es diesbezüglich keine Kompromisse geben würde.

Apple verweigert Öffnung der Schnittstelle

Das Kanzleramt hatte versucht, Druck auf die Konzerne auszuüben. „Man müsse die App leider komplett einstampfen, wenn sich Apple verweigert“, hatte ein Regierungsvertreter am Mittwoch im Digitalausschuss erklärt. Genau das ist nun offenbar passiert: Apple hatte nach Angaben aus Regierungskreisen in Gesprächen aber die nötige Öffnung der Schnittstelle in seinem Betriebssystem verweigert, berichtet Reuters.

„Nach der Kritik aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft wäre die PEPP-PT-App eine Totgeburt gewesen“, sagt Henning Tillmann, Co-Vorsitzender des Digitalvereins D64. Nun hat auch die Regierung erkannt, dass sie dabei war, den nötigen Vertrauensvorschuss zu verspielen.

„Die Nutzung der App durch möglichst große Teile der Bevölkerung ist die Grundlage ihres Erfolges“, erklärten Kanzleramtsminister Helge Braun und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Sonntag. Dafür müsse sie in der Bevölkerung sowie der Zivilgesellschaft eine breite Akzeptanz finden.

Bundesregierung schwenkt um

„Um dieses Ziel zu erreichen, setzt die Bundesregierung auf eine dezentrale Softwarearchitektur, die die in Kürze zur Verfügung stehenden Programmierschnittstellen der wesentlichen Anbieter von mobilen Betriebssystemen nutzt“, teilten Braun und Spahn mit. Dabei soll auch die Möglichkeit integriert werden, dass Bürger freiwillig in pseudonymisierter Form zusätzliche Daten zur epidemiologischen Forschung an das Robert-Koch-Institut übermitteln können.

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Noch unklar ist, wer die neue dezentrale App nun federführend entwickelt. Bislang hatten das Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut in Berlin (HHI) als Teil der Initiative PEPP-PT die Entwicklung des zentralen Systems in Deutschland vorangetrieben. „Andere werden unsere bisherigen Ergebnisse nutzen können, um die dezentrale Lösung zu bauen“, hieß es in einer E-Mail an Mitarbeiter, aus der das „ARD-Hauptstadtstudio“ zitierte.

Die Fraunhofer-Gesellschaft nannte dabei in einer Mitteilung die „Helmholtz-Gemeinschaft sowie Partner aus der Kommunikationsindustrie, darunter die Deutsche Telekom und SAP“.

Wann die App dann letztlich von jedermann installiert werden kann ist offen. Ziel sei es, dass die Tracing-App „sehr bald einsatzbereit ist“, erklärten Spahn und Braun. „Wenn alles gut läuft, ist die App in einem Monat da, realistischer sind wahrscheinlich zwei Monate“, sagt D64-Experte Tillmann. Denn es gibt immer noch eine Reihe technischer Fragen zu lösen.