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Den Schulen fehlt die Zeit zur Vorbereitung

Jetzt kann man eigentlich allen Eltern, Lehrerinnen und Lehrern, und den Schülern nur noch starke Nerven wünschen. Und vor allem, dass sie sich so gut es geht und so zulässig es ist unabhängig von den Entscheidungen der amtierenden Schulsenatorin machen. Sie sollten die Vorgaben so weitläufig wie möglich auslegen.

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Dass die fünften Klassen in den Grundschulen kommende Woche wieder in den Schulen unterrichtet werden, hatte sich abgezeichnet. Darauf haben sich Eltern und Schüler aber auch Lehrer und Schulen einrichten können. Aber das jetzt plötzlich ab Montag auch noch die Erstklässler ran sollen, hat alle überrascht.

Und das nicht nur positiv. Denn die Sehnsucht vieler Kinder und auch der Eltern, dass sie mal wieder in die Schule können, ist ja da. Aber für Schnellschüsse wird niemand Verständnis haben. Und schon gar nicht für immer neue Strukturen und Abläufe im Wochentakt. Das hilft weder den Eltern in der Organisation ihres Alltags, noch den Schülern beim Lernen und schon gar nicht den Lehrern und Schulen.

Statt eine Entscheidung bis zu den Sommerferien zu treffen und diese durchzuziehen, gibt es jetzt Änderungen im Wochentakt. Im Moment versucht nahezu jeder politische Entscheidungsträger – mit Ausnahme vielleicht der Kanzlerin – Erster im Wettlauf der schnellsten und weitgehendsten Öffnung zu sein. Nur geschieht das gerade völlig kopflos, frei nach dem Motto: Hauptsache alles wieder auf, egal wie. Und das auf Kosten der Lehrer, aber auch der Erzieher.

Man wird das Gefühl auch nach zahlreichen Gesprächen mit Schulleitern, Lehrern und Eltern nicht los, dass Sandra Scheeres den Kontakt in der gerade kontaktlosen Zeit zu den Abläufen und Bedürfnissen der Schulen wirklich verloren hat. Schulen wird kaum Zeit gelassen, sich ordentlich vorzubereiten. Die Hortsituation ist völlig unklar.

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Und Eltern müssen sich immer wieder auf neue Situationen einstellen. Überall wird zwar versucht, die Situation in den Schulen so zu gestalten, dass sich Abstandsregeln einhalten lassen, das Hygieneregeln eingehalten werden können. Aber wie soll das klappen, wenn immer mehr Schulen hinzu kommen?

Und wie soll das bei Kleinen klappen. Erst Recht bei den ganz Kleinen, womit wir bei den Kitas wären. Die sollen, wenn auch mit Vorgaben, nahezu in den Regelbetrieb zurückkehren. Aber welche Kita ist dafür schon wirklich gerüstet?

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Stand jetzt wird sich in den kommenden Monaten, wahrscheinlich für den Rest des Jahres, nichts grundlegendes mehr an der Pandemiesituation ändern – außer, dass es wieder schlimmer werden könnte. Deshalb wäre es gut, statt auf Geschwindigkeit zu gehen auf gute Vorbereitung und gute Konzepte zu setzen. Und die sind nicht von Heute auf Morgen zu realisieren.

Das alles geschieht vor dem Hintergrund, dass niemand weiß, wie hoch das Infektionsrisiko bei Kindern tatsächlich ist. Es gibt unterschiedliche Studien und Meldungen, die am Ende nur eine Aussage zu lassen: Nichts genaues weiß man nicht. Das heißt nicht, dass man alles zulassen sollte. Aber eben mit Vorsicht vorgehen.

Doch diese Vorsicht ist kaum erkennbar. Das gilt allerdings nicht nur für Schulen und Kitas. Das gilt für die gesamte Debatte. Die Botschaft, die die Länderfürsten gerade aussenden, lautet: Alles nicht so schlimm. Das ist gefährlich und zeigt, dass Politik vor allem einer vermeintlichen öffentlichen Meinung folgt. Nur ist die gerade gar nicht so klar.

Natürlich wollen viele, dass es wieder mehr Normalität, mehr Freiheiten gibt. Gleichzeitig sorgen sich viele, um die Infektionsentwicklung, um ihre Kinder und Eltern. Das erfordert von der Politik gutes Fingerspitzengefühl und eine gute Balance. Die scheint aber nicht wirklich gefunden. In Deutschland nicht. In Berlin nicht. Und in den Schulen und Kitas erst recht nicht.