Russische Truppen erreichen Norden Kiews

Russland hat einen Krieg gegen die Ukraine begonnen. Präsident Wladimir Putin ordnete am frühen Donnerstagmorgen eine Militäroperation in den Regionen Luhansk und Donezk an. Angriffe mit Kampfflugzeugen, Hubschraubern und Raketen wurden aus allen Landesteilen gemeldet. Mehrere zehntausend russische Truppen sollen sich inzwischen auf dem Gebiet der Ukraine befinden. Über alle aktuellen Entwicklungen informieren wir Sie im Liveblog unten.

Hinweis: Vor allem Angaben der Regierungen, Armeen und Bilder und Videos aus der Region lassen sich kaum endgültig verifizieren. Wir geben sie dennoch mit einem entsprechenden Hinweis wieder, um einen möglichst detaillierten Blick auf die aktuellen Ereignisse in der Ukraine zu vermitteln.

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Ukrainisches Militär ruft Bevölkerung zum Kampf mit Molotow-Cocktails auf – Kiew erwartet baldigen Panzerangriff

Teile der russischen Streitkräfte haben den Nordwesten Kiews erreicht. Mehrere Reporter berichten über Schusswechsel im Bezirk Obolon, der unweit des Stadtzentrums liegt. Derweil rief das ukrainische Militär die Zivilbevölkerung dazu auf, sich und die Stadt aktiv mitzuverteidigen.
„Stellen Sie Molotow-Cocktails her, neutralisieren Sie den Besatzer“, schrieb das Verteidigungsministerium
in sozialen Netzwerken mit Blick auf die Gefechte in Obolon.

Die Ukraine rechnet im Laufe dieses Freitags mit Panzerangriffen auf die Hauptstadt Kiew. In den Orten Dymer, das rund 45 Kilometer nördlich von Kiew liegt, und Iwankiw, rund 80 Kilometer nördlich der Hauptstadt, sei jeweils „eine große Anzahl von Panzern des Feindes eingetroffen“, schrieben die ukrainischen Streitkräfte bei Twitter. In den beiden Orten komme es zu Gefechten.

„Heute wird der härteste Tag“, sagte Anton Heraschtschenko, Berater des ukrainischen Innenministers. Die Verteidiger von Kiew stünden mit Panzerabwehrraketen bereit, die von internationalen Verbündeten stammten. In mehreren Städten schlugen derweil Raketen und Artilleriegranaten ein. Russische Bodentruppen waren binnen weniger Stunden bis in den Großraum Kiew vorgedrungen.

Das russische Militär hatte Kiew ukrainischen Angaben zufolge schon ab dem frühen Morgen unter heftigen Beschuss genommen. „Schreckliche russische Raketenangriffe auf Kiew“, twitterte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba.

Laut dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hatte Russland um 4.00 Uhr Ortszeit die Raketenangriffe wieder aufgenommen. Beschossen würden sowohl zivile als auch militärische Ziele, teilte er in einer im Fernsehen übertragenen Rede mit.

„Heute morgen verteidigen wir unseren Staat allein. Wie gestern schauen die mächtigsten Streitkräfte der Welt aus der Ferne zu“, sagte Selenskyj. Der Vormarsch der russischen Truppen sei indes an den meisten Stellen gestoppt worden. Ein mehrstöckiges Wohnhaus in Kiew steht in Flammen.

Das ukrainische Militär berichtet auf Twitter, dass es zwei Angriffe mit Raketen auf Kiew gegeben habe. Dabei seien „zwei tödliche Geschenke unserer ‚Brüder'“ abgewehrt worden. Der Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko, sprach von drei Verletzten durch Raketenteile. Seine Administration rief die etwa 2,8 Millionen Einwohner auf, sich möglichst in Sicherheit zu bringen. Die U-Bahn-Stationen der Stadt dienen als Schutzräume.

Reporter in Kiew berichten von mehreren Explosionen nahe und in Kiew. Im nördlichen Stadtteil Obolonsky gab es laut einem Journalisten der Nachrichtenagentur AFP Gefechte. Um die Stadt herum seien den ganzen Tag russische Spezialkräfte gelandet, erklärt ein CNN-Reporter. Der US-Sender berichtet, dass russische Truppen Kiew von zwei Seiten angreifen, um die Hauptstadt zu umzingeln.

Wie CNN unter Berufung auf Quellen im ukrainischen Innenministerium berichtet, wurde ein ukrainisches Flugzeug über Kiew abgeschossen. Andere offizielle ukrainische Quellen aus dem Innenministerium sprechen von einem russischen Flugzeug. (Tsp, dpa, Reuters, AFP)

Reaktion auf Aeroflot-Landeverbot – Russland sperrt Luftraum für britische Flugzeuge

Russland hat seinen Luftraum für britische Flugzeuge gesperrt. Von dem Überflugverbot seien auch Maschinen betroffen, die in Großbritannien geleast wurden, teilte die russische Luftfahrtbehörde in Moskau mit. Dies sei eine Reaktion auf ein Landeverbot für die staatliche russische Fluggesellschaft Aeroflot, das Großbritannien nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine ausgesprochen hat.

Die Behörde verwies zur Begründung auf ein Abkommen zwischen beiden Ländern, „dass die Fluggesellschaften beider Länder faire und gleiche Rechte erhalten“. Zuvor hatte der British-Airways-Mutterkonzern IAG mitgeteilt, einen Moskau-Flug gestrichen zu haben und Überflüge des russischen Luftraums zu vermeiden. (dpa, Reuters)

Donald Tusk rechnet hart mit denjenigen ab, die schärfere Sanktionen verhindert. Auf Twitter schreibt der Ex-Präsident des Europäischen Rates und Ex-Ministerpräsident von Polen:

„In diesem Krieg ist alles real: Putins Wahnsinn und Grausamkeit, ukrainische Opfer, Bomben, die auf Kiew fallen. Nur Ihre Sanktionen sind vorgetäuscht. Die EU-Regierungen, die harte Entscheidungen blockiert haben (u.a. Deutschland, Ungarn, Italien), haben sich blamiert.“

Russland will Fallschirmjäger nach Tschernobyl bringen

Russland hat eigenen Angaben zufolge 118 ukrainische Militärstandorte zerstört. Fallschirmjäger würden nach Tschernobyl gebracht, um dort das Atomkraftwerk zu bewachen, teilt das russische Verteidigungsministerium mit. Die Strahlung rund um das Kraftwerk sei normal. (Reuters)

Gazprom hält russischen Gastransit durch Ukraine nach Europa aufrecht

Ungeachtet des Angriffs auf die Ukraine setzt Russland eigenen Angaben zufolge den Gastransit durch das Nachbarland nach Europa fort. Ein Sprecher des russischen Staatskonzerns Gazprom sagte der Agentur Interfax zufolge: „Gazprom liefert russisches Gas für den Transit durch das Gebiet der Ukraine im regulären Modus und gemäß den Anforderungen europäischer Verbraucher.“ Am Freitag seien das insgesamt 103,8 Millionen Kubikmeter Gas. Die Ukraine betreibt ein rund 38.000 Kilometer langes Gasnetz. (dpa)

Faeser bekräftigt Nein zu Waffenlieferungen an Ukraine

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat die ablehnende Haltung der Bundesregierung gegenüber möglichen Waffenlieferungen an die Ukraine untermauert. „Wir sind nicht für Waffenlieferungen in die Ukraine, da hat sich auch nichts dran geändert“, sagte sie im ZDF.

Mit Blick auf die Flucht Tausender Menschen aus der Ukraine sagte Faeser, Deutschland sei „natürlich sehr wachsam und vorbereitet, auf all das, was da jetzt kommt“. Sie dankte den Bundesländern, die sich bereits gut vorbereitet hätten, sowie den Städten und Kommunen. Diese hätten bereits am Donnerstag nach Beginn des russischen Einmarsches in die Ukraine ihre Hilfe angeboten, „falls die Fluchtbewegungen auch Deutschland erreichen“. Nun gehe es aber zunächst vor allem darum, die Nachbarländer der Ukraine zu unterstützen, betonte die Ministerin. (epd)

Russische Truppen erbeuten wohl ukrainische Militärfahrzeuge und sollen sich im Zentrum von Kiew befinden

Nach Gefechten vor Kiew dringen offenbar mehrere russische Truppenteile in die Hauptstadt ein. Die russische Armee habe zwei ukrainische Militärfahrzeuge erbeutet, schrieb die stellvertretende Verteidigungsministerin der Ukraine, Hanna Maliar, auf Facebook. Die russischen Soldaten hätten sich demnach in ukrainische Uniformen gekleidet und sollen gefolgt von einem Konvoi russischer Militärlastwagen ins Zentrum von Kiew „gerast“ sein. „Sie werden sicherlich vernichtet“, schrieb Maliar weiter.

Deutschland bietet Nato wohl Kompanien und Rüstungsgüter für Ostflanke an

Die Bundesregierung will der Nato einem Bericht des „Spiegel“ zufolge mehr Kräfte und militärische Ausstattung für die Ostflanke des Bündnisses zur Verfügung stellen. Demnach hätten die Militärs Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) ein Paket zusammengestellt, wonach eine Infanterie-Kompanie mit rund 150 Soldaten mit „Boxer“-Radpanzern an die Nato-Ostflanke verlegt werden könne. Dem Bericht zufolge will Lambrecht der Nato zudem das „Patriot“-Flugabwehrraketensystem etwa für das Baltikum anbieten. Für Nato-Missionen in der Nord- und Ostsee könnte Deutschland eine Korvette, eine Fregatte und ein Flottendienstboot mit Sensor-Technik bereitstellen.

Internationaler Strafgerichtshof warnt vor Kriegsverbrechen

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) mit Sitz in Den Haag beobachtet und analysiert eigenen Angaben zufolge die Kriegsgeschehnisse in der Ukraine. Das teilte IStGH-Chefankläger Karim Khan auf Twitter mit. Er erinnere alle Seiten, „die feindselige Akte auf dem Territorium der Ukraine ausübten“, dass seine Behörde qua Amt jeglichen Völkermord sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen untersuchen könne. Demnach verfolgt Khan die „jüngsten Entwicklungen in und um die Ukraine genau und mit zunehmender Besorgnis“.

Heute Nacht haben sie begonnen, Wohngebiete in der legendären Stadt Kiew zu bombadieren. Das ist wie 1941. Ich will allen russischen Bürgern, die protestieren, sagen: Wir hören Sie, Sie haben uns gehört, Sie haben begonnen, uns zu glauben. Kämpfen Sie für uns. Bekämpfen Sie den Krieg.

Wolodymyr Selensyj

Die US-Regierung rät dem ukrainischen Präsidenten, Kiew zu verlassen. Selenskyj mutmaßt in einer Videobotschaft, dass der russische Angriff ihn stürzen solle.

tagesspiegel

Russischen Medienberichten zufolge soll die Ukraine einen Flugplatz bei der russischen Stadt Milerovo nahe der Grenze beschossen haben.

Dem ukrainische Innenminister zufolge hat Russland einen ukrainischen Grenzposten in Saporischschja im Südosten des Landes mit Raketen beschossen.

Ukrainisches Militär meldet schwere Gefechte nordwestlich von Kiew

Ukrainische Truppen liefern sich nach Angaben des Generalstabs heftige Gefechte mit russischen Angreifern im Kiewer Gebiet. In Iwankiw rund 80 Kilometer nordwestlich der ukrainischen Hauptstadt hätten sich Fallschirmjäger einer „überwältigenden“ Anzahl russischer Truppen entgegengestellt, die mit gepanzerten Fahrzeugen vorrückten. Eine Brücke sei zerstört worden. Zudem gebe es in mehreren Städten russische Luftangriffe, teilte der Generalstab weiter mit. (dpa)

Indiens Premier Modi bittet Putin um Ende der Gewalt – verurteilt Angriffskrieg aber vorerst nicht

Indiens Premierminister Narendra Modi hat Russlands Präsident Wladimir Putin zu einem sofortigen Ende der Gewalt in der Ukraine aufgerufen. Er betonte in einem Telefongespräch, dass die Differenzen zwischen Russland und der Nato nur durch „ehrlichen und aufrichtigen Dialog“ gelöst werden könnten, wie das Büro des Premiers in Neu Delhi mitteilte. Er forderte konzertierte Bemühungen von allen Seiten, um zum Weg diplomatischer Verhandlungen und zum Dialog zurückzukehren.

Verurteilt hat Indien den Angriffskrieg von Russland in der Ukraine bisher nicht. Auch Sanktionen hat Indien nicht erlassen. Die beiden Länder hatten schon in Zeiten der Sowjetunion enge Beziehungen. Indien ist auch strategisch stark mit Russland verbunden, da ein Großteil der indischen Militärhardware von Russland stammt. Priorität der indischen Regierung ist es laut Premier Modi, seine Tausenden Staatsbürgerinnen und Staatsbürger – vorwiegend Studierende – aus der Ukraine in Sicherheit zu bringen. (dpa)

Der Flughafen von Riwne im Westen der Ukraine soll von einer Rakete getroffen worden sein.

Pentagon-Chef sagt Ukraine weitere Unterstützung zu

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat der Ukraine die weitere Unterstützung seines Landes zugesichert. Der Pentagon-Chef habe mit seinem ukrainischen Amtskollegen Oleksii Reznikow über den Krieg gesprochen und deutlich gemacht, dass „die Unterstützung der Vereinigten Staaten für die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine unerschütterlich sei“, schrieb das Pentagon am Donnerstag (Ortszeit) in einer kurzen Mitteilung. Die USA würden der Ukraine weiterhin „Verteidigungshilfe“ leisten, hieß es ohne nähere Angaben. Die beiden Minister hätten vereinbart, während des von Russland geschaffenen Konflikts weiter zusammenzuarbeiten. (dpa)

Ex-US-Präsident Carter: Invasion bedroht Europas Sicherheit

Der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter

Bild:
John Amis/dpa

Der Einmarsch Russlands in die Ukraine bedroht nach Auffassung des ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter die Sicherheit in Europa und auf der gesamten Welt. „Ich verurteile diesen ungerechten Angriff auf die Souveränität der Ukraine, der die Sicherheit in Europa und auf der ganzen Welt bedroht“, schrieb der 97-Jährige am Freitag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Carter rief den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf, „alle Militäraktionen einzustellen und den Frieden wiederherzustellen.“

Russlands „unprovozierter Angriff auf die Ukraine mit Militär- und Cyberwaffen verstößt gegen das Völkerrecht und die grundlegenden Menschenrechte des ukrainischen Volkes“, so Carter. Die USA und ihre Verbündeten müssten dem ukrainischen Volk zur Seite stehen, „um sein Recht auf Frieden, Sicherheit und Selbstbestimmung zu unterstützen“. (dpa)

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