„Von der Leyen will den rechten EU-Gegnern gefallen“

– Um 9 Uhr wird Ursula von der Leyen im EU-Parlament vor allen Fraktionen eine letzte große Bewerbungsrede halten.

– Von was es abhängt, ob sie um 18 Uhr am Dienstagabend dann auch gewählt wird, erklärt hier Georg Ismar.

– Egal, wie die Abstimmung ausgeht: Ihr Amt als Verteidigungsministerin wird von der Leyen am Mittwoch auf jeden Fall abgeben.

Giegold: „Auf dieser Basis gibt es ein Nein“

Ebenfalls im „Morgenmagazin“-Interview: der deutsche Grünen-Spitzenkandidat und erfahrene Europaparlamentarier Sven Giegold. Von der Leyen habe mit ihrem Brief vom Montag nicht genug angeboten, verdeutlicht er. Insbesondere bei den Fragen der Grundrechte und der Rechtsstaatlichkeit habe sie sich „leider nicht bewegt“ und wolle „den rechten EU-Gegnern gefallen“. Natürlich werde seine Fraktion sich anhören, was die Christdemokratin um 9 Uhr im Plenum sage, aber: „Auf dieser Basis gibt es ein Nein.“ Auch Giegold verweist auf den Fall Barroso, der 2009 erst im September gewählt wurde: „Daran ist die EU nicht zugrunde gegangen.“ Der Grüne fordert, dass die „Pro-Europäer“ sich jetzt Zeit nehmen sollten, einen Arbeitsplan für die Kommission zu erstellen, der ökologische Fragen und Landwirtschaft einschließt, aber auch zu Grundrechten und Rechtsstaatlichkeit. „Wir haben nicht kategorisch Nein zu ihr als Person gesagt“, betont der Grüne, doch: „Das wäre eine Stunde des Parlaments, wenn es zu einem Nein heute käme.“

Barley: Ablehnung ist „kein Weltuntergang“

Die frühere Justizministerin Katarina Barley, für die SPD als deutsche Spitzenkandidatin ins EU-Parlament gewählt, hat die Ablehnung von der Leyens durch die Sozialdemokraten im „Morgenmagazin“ des ZDF verteidigt – indem sie auf die ganz großen Grundsatzfragen gepocht hat. „Es geht hier um viel mehr als eine Personalie“, sagte Barley, es gehe um eine „Weichenstellung in der Europäischen Union“, ein Kräftemessen zwischen Parlament und Rat. Letzterer dürfe das Spitzenkandidaten-Prinzip „nicht einfach in die Tonne treten“, warnte Barley. „Der Rat hat sehr bewusst das Parlament überfahren.“ Der argumentative Kniff der Sozialdemokratin: Wenn von der Leyen als vom Rat gekürte Kandidatin nicht verhindert werde, lasse sich die Machteinbuße für das Parlament auf lange nicht Sicht „nicht mehr zurückdrehen“. Barley betonte, dass es ihr dabei nicht um von der Leyen persönlich gehe, die sie sehr schätze. Bei einem Scheitern ihrer Wahl sei allerdings auch „keine Krise in Sicht“. Auch José Manuel Barroso sei bei seiner Wiederwahl 2009 erst nach drei Monaten bestätigt worden. „Das war auch kein Weltuntergang.“

Rücktritt am Mittwoch – so oder so

Egal, ob sie heute Abend im EU-Parlament zur EU-Kommissionspräsidentin gewählt wird oder nicht – als Verteidigungsministerin wird Ursula von der Leyen auf jeden Fall am Mittwoch zurücktreten.

Auf wessen Stimmen von der Leyen setzen muss

Um neun Uhr hält Ursula von der Leyen ihre Rede vor den EU-Parlamentariern. Ob sie eine Mehrheit der Stimmen der Abgeordneten bekommt, hängt unter anderem von den Abweichlern bei Sozialdemokraten und Liberalen ab. Mehr dazu im Überblick von Georg Ismar.

Tagesspiegel | Georg Ismar

Das bringt der Tag:

An diesem Dienstag möchte Ursula von der Leyen Historisches schaffen: Die CDU-Politikerin möchte als erste Frau Präsidentin der EU-Kommission werden.
Dazu wird sie um 9 Uhr morgens im EU-Parlament ihre letzte große Bewerbungsrede halten. Danach ist viel Zeit einberaumt für Absprachen und Last-Minute-Verhandlungen, denn die Wahl der deutschen Verteidigungsministerin ist alles andere als sicher. Um 18 Uhr dann stimmt das EU-Parlament über von der Leyen ab. Falls die Wahl nicht verschoben wird…

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