Die Vorlesungszeit im Sommersemester wird wegen des Coronavirus an den Berliner Hochschulen später als geplant starten. So soll der Vorlesungsbetrieb an allen Hochschulen erst am 20. April beginnen.
Darauf verständigten sich jetzt die Senatskanzlei Wissenschaft in Abstimmung mit den staatlichen Hochschulen. Der Regierende Bürgermeister und Wissenschaftssenator Michael Müller (SPD) hatte Maßnahmen für die Hochschulen bereits in einer Pressekonferenz am Mittwochmittag angekündigt.
Für die Fachhochschulen wäre der Vorlesungsbeginn damit drei Wochen später als vorgesehen, für die Universitäten eine Woche später.
„Mit weiteren Verschiebungen ist zu rechnen“
Studierende und Wissenschaftler müssen sich aber darauf einstellen, dass die Pause noch länger dauern wird. „Mit einer weiteren Verschiebung des Beginns ist zu rechnen“, twitterte Staatssekretär Steffen Krach.
Die Hochschulen sollen daher Maßnahmen vorbereiten, „um notwendige Verschiebungen von Lehr- und Prüfungsmaßnahmen oder Verkürzungen von Semestern zu begegnen“. Genannt werden als Beispiele Online-Formate und Blockseminare.
Präsenzlehrveranstaltungen, die aktuell für die vorlesungsfreie Zeit angesetzt sind – wie etwa Vorbereitungskurse -, sollen sofort abgesagt werden, die Hochschulen eine Umstellung auf Onlineformate prüfen.
Der Forschungsbetrieb, die Bibliotheken und die Arbeit der Verwaltungen sollen dagegen aufrechterhalten bleiben.
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Weitere Punkte, mit denen die Hochschulen den Ausbruch des Coronavirus aufhalten wollen: Alle Konferenzen, Tagungen und Veranstaltungen werden ab sofort abgesagt, diese sollen sogar bis zum 20. Juli nicht stattfinden.
Schon jetzt sind wie berichtet zahlreiche Konferenzen im Wissenschaftsbetrieb abgesagt worden, Dienstreisen in Risikogebiete werden nicht genehmigt.
Auch bei Dienstreisen einigten sich die Berliner Hochschulen jetzt auf ein gemeinsames Vorgehen. Diese werden in die vom RKI definierten Risikogebiete an allen Hochschulen nicht mehr genehmigt. Hochschulangehörige, die aus diesen Regionen zurückkehren – sei es von einem beruflichen oder privaten Aufenthalt – werden zu einer „14-tägigen Selbstquarantäne“ aufgefordert.
Staatssekretär Steffen Krach wird zudem eine ständige Taskforce mit Wissenschaftsvertretern einrichten und regelmäßig über weitere Schritte beraten.
Andere Unis denken ebenfalls über Krisenszenarien nach
In anderen deutschen Bundesländern denken Hochschulen ebenfalls bereits über Krisenszenarien nach. So zum Beispiel an der Universität Köln, die mit 50.000 Studierenden eine der größten Unis Deutschland ist und mitten in einer der am meisten von Coronavirus-Infektionen betroffenen Regionen liegt.
„Wo es möglich ist, werden auch wir Vorlesungen online stattfinden lassen“, sagte Sprecher Patrick Honecker auf Anfrage. Geprüft würden etwa Vorlesungen im Livestream oder als vorher aufgezeichnetes Video.
Probleme: die benötigten Datenvolumen und die technische Infrastruktur
Die Frage stelle sich umso mehr, als es an der Uni Köln zahlreiche Vorlesungen mit einer großen Anzahl Studierender gibt, die möglicherweise auch von einem entsprechenden Veranstaltungsverbot betroffen sein würden.
Die Uni appelliere derzeit auch an die Studierenden, sich online oder postalisch für das neue Semester einzuschreiben. Gleichwohl werden man sicher nicht den gesamten Lehrbetrieb auf Onlineformate umstellen können, sagte Honecker: Das würden schon die technischen Infrastrukturen und die benötigten Datenvolumen nicht hergeben.
In Österreich ist das Szenario bereits real
In Österreich ist das Szenario für die Hochschulen bundesweit und in Berlin schon real: Nach den Semesterferien im Februar hatten die Lehrveranstaltungen dort bereits am 2. März wieder begonnen. Spätestens ab dem kommenden Montag werden landesweit alle Vorlesungen, Seminare und Übungen nur noch in digitalen Formaten erteilt.
Den Anfang machte die in Tirol gelegene Universität Innsbruck am Dienstag – „in Abstimmung mit allen anderen Tiroler Unis“, wie eine Sprecherin dem Tagesspiegel sagte.
Zuvor hätten sich zwei Gaststudierende, davon eine aus Spanien, bei einer Erasmus-Feier infiziert – bei einer Norwegerin, die zuvor schon als Tiroler Corona-Fall bekannt war. Das österreichische Gesundheitsministerium und die Tiroler Sanitätsdirektion hatten Südtirol seit dem 9. beziehungsweise 10. März zum Risikogebiet erklärt.
Die sofortige Umstellung aller Lehrveranstaltungen von Präsenzlehre auf „distance learning“ sei allerdings kein Selbstläufer, sagt die Sprecherin auf Anfrage. „Wir sind keine Fernuniversität, bislang waren wir auf Präsenzveranstaltungen ausgerichtet.“ Der zentrale Informatikdienst der Universität versuche derzeit, „die Rahmenbedingungen zu schaffen“, um etwa Vorlesungen per Videostreaming zu ermöglichen.
Hintergründe über das Coronavirus:
Auf der Homepage der Uni heißt es denn auch, die Lehrveranstaltungen sollten „soweit möglich mit Hilfe von digitalen Technologien durchgeführt werden“. Auf Links, über die sich Studierende in ihre Vorlesungen und Seminare einwählen können, wird nicht zentral verwiesen. Der Lehrbetrieb solle „so weit wie möglich weitergeführt werden“, schreibt Rektor Tilmann Märk in einer Botschaft an die Studierenden. Darüber, wie dies konkret umgesetzt werden kann, würden sie und die Lehrenden noch informiert.
Die Uni Innsbruck stellt sich auf eine längere Krisenzeit ein
Geschlossen sind auch alle Standorte der Universitätsbibliothek, auch für die Universitätsmitarbeiter, die ansonsten unter verschärften Hygiene und sonstigen Vorsichtsmaßnahmen „wie gewohnt an ihren Arbeitsplatz kommen“ könnten. Die Studienabteilung etwa solle mit den Studierenden nur noch per E-Mail und Telefon kommunizieren, heißt es.
Bei alledem stellt sich die Universität Innsbruck offenbar auf eine längere Krisenzeit ein. Waren die Veranstaltungen zunächst bis zum 20. April ausgesetzt, wird jetzt betont, dies gelte „bis auf weiteres“. Die Situation werde täglich neu evaluiert.
Auch Harvard sagt die Präsenzlehre ab
Österreich ist nicht das einzige Land, das alle Hochschulen geschlossen hat. Auch in Griechenland ist das inzwischen der Fall.
In den USA haben das einige Unis in besonders vom Coronavirus-Ausbruch betroffenen Westküstenregionen gemacht, unter anderem Stanford. Aber auch Harvard zog am Dienstag – die Eliteuniversität liegt an der Ostküste der USA.
