Das neuartige Coronavirus stürzt die Welt in die Krise. Wissenschaftler und Mediziner forschen weltweit an Impfstoffen und Medikamenten, die gegen Sars-CoV-2 helfen könnten. Die Liste der Forschungsprojekte und Tests ist ebenso lang wie die der Fragen: Wie lässt sich das Virus am besten eindämmen, welche Maßnahmen helfen wirklich? Wann können die Maßnahmen wieder gelockert werden?
In diesem Newsblog halten wir Sie mit täglichen Updates über die aktuellen Entwicklungen und Forschungsergebnisse zum Coronavirus auf dem Laufenden.
Donnerstag, 2. April: Wann kommen flächendeckende Antikörpertests?
Um die Corona-Maßnahmen lockern zu können, bedarf es umfangreicher Tests. In aller Munde sind dabei Antikörpertests, mit denen schnell nachgewiesen werden kann, ob eine Person bereits mit dem Virus infiziert war und jetzt immun ist. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem Test.
Wie funktionieren Antikörpertests und warum brauchen wir sie?
Wer sich mit dem Coronavirus infiziert, braucht etwa zehn Tage, bis im Blut erste Antikörper gebildet werden. Zwei oder drei Wochen nach der Infektion hat man deutliche Antikörper im Blut. Anhand einer Blutprobe lässt sich das messen. Diese Antikörpertests nennen sich ELISA-Tests, auf Deutsch heißen sie Enzym-Immuno-Tests.
Der Vorteil dieser Tests: Antikörper lassen sich im Blut nachweisen, auch wenn der Infizierte keinerlei Anzeichen der Infektion gespürt hat. Die Antikörper bleiben auch im Körper, wenn die Erkrankung bereits abgeklungen ist. Es ließen sich mit einem solchen Test also Menschen identifizieren, die bereits infiziert waren und jetzt immun gegen das Virus sind. Sie könnten wieder zur Arbeit gehen. Solche Tests wären also insbesondere für Klinik- und Pflegepersonal extrem wichtig.
Was ist der Unterschied zu den bisherigen Tests?
Bisher werden hauptsächlich sogenannte PCR-Test angewandt, um Menschen auf das neuartige Coronavirus SARS Cov-2 zu testen. PCR steht für Polymerase-Kettenreaktion. Bei diesem Test wird zunächst ein Rachenabstrich des Patienten genommen. Im Labor wird die Erbinformation des Virus abgeschrieben und dabei vervielfältigt und eine Farbreaktion erzeugt.
Vorteil dieses Tests ist die sehr hohe Genauigkeit, harmlose Coronaviren werden nicht mit angezeigt. Zu den Nachteilen gehört, dass der Test mehrere Stunden dauert, dazu kommt der Transportweg. Außerdem ist das Virus nur in der ersten Woche der Erkrankung zuverlässig nachweisbar, da in der zweiten Woche Viren vom Rachen in die Lunge wandern.
Wie weit ist die Forschung? Wann gibt es flächendeckende Antikörpertests?
Um Massen an Menschen testen zu können, benötigt es einen automatisierten ELISA-Test, an dessen Entwicklung weltweit unter Hochdruck geforscht wird. Der Charité-Chefvirologe Christian Drosten sagte im NDR-Podcast, dass er es in zwei bis drei Monaten für denkbar halte, automatisierte Antikörpertests zu haben. Derzeit sei es bereits möglich, händisch im Labor Blutproben auf Antikörper zu untersuchen, dies sei aber ein sehr hoher Aufwand.
In New York City wurde bereits ein erster ELISA-Test vorgestellt, jetzt hat auch eine Lübecker Firma angekündigt, einen entsprechenden Antikörpertest auf den Markt zu bringen. Das Unternehmen Euroimmun hat nach eigenen Angaben die erforderliche CE-Kennzeichnung bekommen und darf den Test auf den Markt bringen. Das Berliner Pharmaunternehmen PharmACT hat vor Kurzem eine Notfall-Zulassung der US-Arzneimittelbehörde FDA für einen Schnelltest auf Sars-CoV-2-Antikörper erhalten.
An einem Antikörpertest arbeitet auch ein internationales Konsortium aus Biotechnologie-Unternehmen und Forschern, etwa des Braunschweiger Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung. In sechs bis acht Wochen wollen sie einen Prototyp vorliegen haben, der dann in der Praxis getestet werden kann, wie Konsortiumssprecher Thomas Huber der Nachrichtenagentur dpa erläutert. Der Test basiert auf einem Mikrochip, der in ein Lesegerät gesteckt wird und in wenigen Minuten ein Ja/Nein-Ergebnis liefert. In einer späteren Version könnte der Chip das Testergebnis direkt an ein Smartphone schicken. Er soll dann auch für Heimtests angeboten werden.
Ein Problem von Antikörpertests ist, dass sie gelegentlich ungenau sind und positiv ausfallen, wenn im Blut Antikörper gegen harmlose Coronaviren gebildet wurden. Außerdem sind sie kein Ersatz für PCR-Tests, da sie lediglich zeigen, ob die Testperson in der Vergangenheit den Virus in sich trug, nicht, ob er gerade infektiös ist.
Wie der „Spiegel“ berichtete, soll in Deutschland eine große Studie geplant sein, die untersuchen soll, wie viele Menschen bereits gegen Covid-19 immun sind. Beteiligt seien unter anderem das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig, das Robert Koch-Institut und die Berliner Charité. Nach „Spiegel“-Informationen soll ab April das Blut von mehr als 100.000 Probanden auf Antikörper untersucht werden.
Aus Belgien meldet die dpa heute, dass Blutuntersuchungen größeren Ausmaßes Erkenntnisse zur Ausbreitung des Coronavirus in der Bevölkerung liefern sollen. Das Rote Kreuz und die Gesundheitsbehörden vereinbarten eine großangelegte Testaktion auf Antikörper. Ähnliche Untersuchungen hätten an der Universität Antwerpen und in den Niederlanden begonnen. Das Rote Kreuz solle alle zwei Wochen 3000 Blutproben für die Untersuchung bereitstellen.
Mittwoch, 1. April: Sind Antikörper-Therapien auch beim Coronavirus hilfreich?
Weltweit forschen Experten gerade daran, ob Antikörper aus dem Blut von Menschen, die an Covid-19 erkrankt waren und genesen sind, anderen Erkrankten helfen können. Die Antikörper gegen das Virus sollten sich im Blutplasma befinden. Es wäre möglich, dieses Plasma Erkrankten zu injizieren. Die Antikörper könnten dann, wenn sie in ausreichender Zahl vorhanden sind, eine entsprechende Zahl Viren neutralisieren. Wenn die Behandlung rechtzeitig erfolgt, könnte das Symptome lindern und dem Immunsystem der Erkrankten mehr Zeit verschaffen, selbst Abwehrmoleküle zu bilden.
Eine solche Behandlung war bereits bei anderen Epidemien erfolgreich. Bei der Spanischen Grippe, die von 1918 bis 1920 wütete, konnte die Therapie die Sterblichkeit um ein Fünftel senken, auch bei der Masern-Epidemie in den 1930er Jahren in den USA hat man den kranken Kindern Blutplasma von genesenen Personen als Therapiemaßnahme gespritzt. Ist eine derartige Therapie auch beim Coronavirus erfolgversprechend?
Chinesische Wissenschaftler haben nach eigenen Angaben mehrere Antikörper identifiziert, die für ein Medikament zur Behandlung von Covid-19 infrage kommen könnten. Die aus dem Blut genesener Patienten isolierten Antikörper könnten „äußerst wirksam“ die Fähigkeit des neuartigen Coronavirus zum Eindringen in Zellen blockieren, sagt Zhang Linqi von der Tsinghua-Universität in Peking.
Auch eine Studie aus China, die im Fachmagazin „Jama“ veröffentlicht wurde, macht Hoffnung. Chinesische Ärzte beschreiben dort, wie sie in Shenzen fünf Covid-19-Patienten mit Spenderblut therapierten. Die Erkrankten waren zwischen 36 und 65 Jahre alt und mussten künstlich beatmet werden. Die Ärzte führen auf, dass die Transfusion mit Blutplasma zu einer deutlichen Verbesserung des gesundheitlichen Zustands der Patienten führte.
Innerhalb von drei Tagen normalisierte sich ihre Körpertemperatur, auch die Lungenfunktion verbesserte sich. Innerhalb von zwölf Tagen konnten keine Coronaviren mehr bei den Patienten nachgewiesen werden. Inzwischen haben drei das Krankenhaus verlassen, zwei weitere sind stabil. Die Ärzte schließen darauf, dass Antikörper helfen könnten, um schwer an Covid-19-Erkrankte zu behandeln.
Aufgrund der sehr geringen Anzahl von Patienten lassen sich aus der Studie noch keine Schlüsse ziehen, unabhängige Experten aus der USA bewerten sie aber als ersten Erfolg. In Deutschland ist die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) führend in der Antikörper-Forschung. Hunderte Menschen folgten einem Aufruf der Hochschule, für die Forschung But zu spenden.
Auch Friedrich Merz, der sich um den CDU-Parteivorsitz bewirbt, will mithelfen. Der mit dem Coronavirus infizierte Politiker twittere, dass er sich mit der Uniklinik Münster verbinden wolle, um Blut zu spenden.
Dienstag, 31. März: Das Zehn-Tage-Ziel – wie schnell verdoppeln sich die Neuinfektionen?
Noch sind keine Lockerungen der Coronavirus-Maßnahmen in Deutschland in Sicht. Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) sagte im Tagesspiegel-Interview, dass die Maßnahmen bis 19. April verlängert würden. Ähnlich äußerte sich die Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in ihrem Podcast vom Wochenende. Dort nannte sie auch eine entscheidende Zahl: Die Verdopplungszeit bei Neuinfektionen müsse „in Richtung zehn Tage“ gehen. Was hat es mit dieser Zahl auf sich und wie weit ist Deutschland von ihr entfernt?
Die Verdopplungszeit benennt die Anzahl der Tage, in denen sich die Neuinfektionen mit dem Coronavirus verdoppeln. Warum Merkel genau zehn Tage Verdopplungszeit als Vorgabe setzt, ist unklar. Vermutlich hängt diese Zahl mit Berechnungen zu den Kapazitäten der Intensivstationen in Deutschland zusammen. Grundsätzlich gilt: Je länger die Verdopplungszeit ist, desto besser für die Krankenhäuser.
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Ohne Maßnahmen, bei einem unbegrenzten, exponentiell steigendem Wachstum der Fallzahlen würde das Gesundheitssystem kollabieren, auch wenn nur wenige der mit Covid-19-Infizierten eine Behandlung auf der Intensivstation benötigen. Das zeigen die Entwicklungen in Italien und Spanien. Dort mussten Ärzte das Triage-Verfahren anwenden, also anhand von mehreren Kriterien entscheiden, wer eine lebensrettende Behandlung erhält und wer nicht.
Deutschland hat derzeit noch Kapazitäten auf Intensivstationen für Coronavirus-Patienten, wie das neugeschaffene DIVI-Intensivregister zeigt. Der Charité-Chefvirologe Christian Drosten und andere Experten kündigen aber eine Zunahme der Fallsterblichkeit und damit auch der nötigen Behandlungen auf Intensivstationen an. Experten schätzen, dass eine durchschnittliche Behandlung für Covid-19 auf der Intensivstation etwa zehn Tage dauert.
Um die Epidemie dauerhaft in Schach zu halten, muss die Verdopplungszahl deutlich weiter ansteigen als zehn Tage. In China und Südkorea liegt sie nach der Johns-Hopkins-Universität bereits bei über 20 Tagen, dort gilt die Epidemie weitgehend eingedämmt.
Zu Beginn des Coronavirus-Ausbruchs lag die Verdopplungszeit in Deutschland noch bei etwa zwei Tagen, inzwischen beträgt sie nach Berechnungen der „Süddeutschen Zeitung“ 5,9 Tage. Obwohl sich die Verdopplungszeit in den letzten Wochen also deutlich verlängert hat, ist sie noch weit entfernt von Merkels Zehn-Tage-Vorgabe. Die Berechnung der SZ basieren auf den Zahlen der Johns-Hopkins-Universität in den USA, die etwas abweichen von den Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI). Auch die Verdopplungszeit schwankt je nach den Zahlen, auf denen die Berechnungen basieren.
Berechnungen des Tagesspiegels zeigen, wie hoch die Verdopplungsrate in den einzelnen Bundesländern ist. Die Berechnungen basieren auf Zahlen der Firma Risklayer und dem Center for Disaster Management and Risk Reduction Technology des KTI, die diese von den Webseiten der Kreisämter sammeln. Bremen ist hier Spitzenreiter mit einer Verdopplungszeit von zehn Tagen, am schnellsten verdoppeln sich die Fallzahlen in Bayern, mit sechs Tagen. Auch in NRW und Mecklenburg-Vorpommern beträgt die Verdopplungszeit vergleichsweise langsame neun Tage.
In Berlin liegt die Verdopplungszeit bei sieben Tagen, die Zahl der Infizierten ist in dieser Berechnung an diesem Dienstag 2,1 mal höher als am 24. März. Recherchen des RBB, die auf Zahlen der Berliner Senats basieren, haben eine Verdopplungszeit von 5,4 Tagen für Berlin ergeben.
Festzuhalten ist, dass die Verdopplungszeit in allen Bundesländern derzeit deutlich steigt. Die Maßnahmen der letzten Wochen scheinen also Wirkung zu zeigen. Allerdings ist es auch wahrscheinlich, dass die Dunkelziffer der mit der mit dem Coronavirus Infizierten höher liegt als die offiziellen Zahlen. Wie lange es noch dauert, bis eine Verdopplungszeit von zehn Tagen erreicht ist, ist also derzeit nur schwer vorherzusagen.
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Montag, 30. März: Covid-19 ist gefährlicher als die Grippe
Als die Covid-19-Pandemie begann zogen viele Vergleiche zur herkömmlichen Grippe, die angeblich gefährlicher sei als das neuartige Coronavirus. Die aktuellen Zahlen zeigen, dass dem nicht so ist. In Deutschland gibt es derzeit 62.888 bestätigte Coronavirus-Infektionen, 537 Menschen sind bisher an Covid-19 gestorben. Wie der Grippe-Monitor der Funke Mediengruppe zeigt, sind in der aktuellen Grippesaison in Deutschland 165.036 bestätigte Fälle gemeldet.
Die Grippesaison geht vom 30.9.2019 bis zum 17.5.2020. Gestorben sind seit Beginn der Saison insgesamt 265 Menschen, also deutlich weniger als an Covid-19. Es erkranken allerdings deutlich mehr Menschen an Influenza als Fälle bestätigt werden. Die gemeldeten Fallzahlen erfassen nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts (RKI) nur einen Bruchteil der an Influenza erkrankten und gestorbenen Personen. Die Schätzungen des RKI sind daher deutlich höher als die Zahlen, die der Grippe-Monitor verwendet. Allerdings ist auch die Dunkelziffer der Infektionen mit dem Coronavirus möglicherweise hoch.
Für Aufsehen sorgte in den vergangenen Tagen die Schätzung des RKIs, dass 25.000 Menschen an der Grippe in der Saison 2017/18 verstorben seien. Diese Zahl wird genutzt, um die Grippe als gefährlicher als das Coronavirus darzustellen. Die Zahl des RKI ist allerdings nur eine Schätzung. Zudem ist sie im Vergleich mit anderen Jahren außergewöhnlich hoch. Die Zahlen der Influenza-Toten bei einzelnen Grippewellen können laut RKI stark schwanken, von mehreren hundert bis über 20.000.
RKI-Chef Lothar Wieler hatte davor gewarnt, die Gefährlichkeit von Corona mit derjenigen der Grippe zu vergleichen. Auch die Grippe sei gefährlich, die sogenannte Krankheitslast des neuartigen Erregers aber viel höher. Corona übertrage sich viel leichter und führe insbesondere in den Risikogruppen zu sehr viel mehr schweren Verläufen und Todesfällen.
Der Grippe-Monitor zeigt, dass die gemeldeten Grippe-Fälle zuletzt deutlich gesunken sind. Das könnte mit dem sonnigen Wetter zusammenhängen, aber auch mit der Kontaktsperre, die in Deutschland wegen der Corona-Pandemie verhängt worden ist.
Freitag, 27. März: Antikörperstudie soll Covid-19-Immunität feststellen
In Deutschland ist gerade eine große Studie zur Immunität nach einer überstandenen Infektion mit dem Coronavirus in Planung, wie der Spiegel berichtete. In der Studie sollen mehr als 100.000 Probanden auf Antikörper gegen Covid-19-Erreger untersucht werden. Die Tests sollen dann regelmäßig wiederholt werden, um den Verlauf der Pandemie zu überwachen.
Noch ist die Studie nicht bewilligt, doch die Forscher hoffen, ab April starten zu können. Koordinieren soll die Studie der Epidemiologe Gérard Krause vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig. Das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung, das Robert Koch-Institut, und das Institut für Virologie der Berliner Charité sind neben anderen ebenfalls beteiligt.
Die Wissenschaftler wollen so herausfinden, wie weit sich das Coronavirus tatsächlich schon ausgebreitet hat und wie viele Infizierte an den Folgen einer Ansteckung sterben. Die Ergebnisse könnten etwa Politikern die Entscheidung erleichtern, wann Schulen wieder öffnen können. Wer immun ist, könnte dann zum Beispiel „von den Einschränkungen ihrer Tätigkeit ausgenommen werden“, sagt der Epidemiologe Krause dem Spiegel.
Doch: Bis die Forscher ein genaues Testverfahren haben, könnte es noch zwei bis drei Monate dauern. Die derzeit verfügbaren Tests schlagen manchmal auch bei harmlosen Coronaviren an. Gegen die tragen aber circa 90 Prozent der Erwachsenen Antikörper in sich. Ist ein genaueres Testen möglich, ließe sich verlässlicher ermitteln, ob jemand andere Menschen mit dem Coronavirus anstecken kann oder nicht.
Donnerstag, 26. März: Warum es in Deutschland bisher so wenige Corona-Tote gibt
Während in Italien jeder zehnte Infizierte an den Folgen einer Covid-19-Erkrankung stirbt, gibt es in Deutschland im Vergleich nur wenig Menschen, die an dem neuartigen Virus sterben. Das sei „hinreichend damit zu erklären, dass wir extrem viel Labordiagnostik machen“, sagte der Virologe Christian Drosten am Donnerstag in Berlin.
Schätzungsweise würden hierzulande jede Woche eine halbe Million Tests durchgeführt. Dadurch würden auch einige Fälle in die Statistik mit aufgenommen, die nur milde Symptome zeigen – das drücke die Sterberate. In einem Interview mit der Zeit sagte Drosten, er gehe davon aus, dass auch in Italien deutlich mehr junge Menschen mit dem Virus infiziert seien, aber eben keine oder kaum Symptome zeigen. Die werden dann häufig nicht als Corona-Infizierte erkannt – verstorbene ältere Personen mit schwerem Krankheitsverlauf dagegen schon (mehr dazu unten).
Aktuell gibt es in Italien mehr ältere Infizierte, wie die Zeit berichtete. Mehr als ein Drittel sei über 70. Der „überwiegende Großteil“ der Infizierten in Deutschland ist dagegen jünger als 60, sagte Lothar Wieler vom Robert Koch-Institut. Das liegt zum einen an den vielen Tests, die Deutschland durchführt. Es könnte laut Zeit aber auch daran liegen, dass sich etwa im Skiurlaub vermutlich vor allem jüngere Deutsche ansteckten.
Darüber hinaus hat Deutschland die bessere Ausstattung um schwerkranke Patienten zu behandeln – es gibt in Deutschland 28.000 Intensivbetten. Zum Vergleich: In Italien sind es nur 5000 – bei gut 60 Millionen Einwohnern. In Deutschland müssen Ärzte noch nicht entscheiden, wen sie behandeln.
Wiederholt warnten Experten jedoch: Die Sterberate wird auch in Deutschland noch steigen. „Die Zahl der Toten ist immer ein Abbild dessen, was vor einiger Zeit passiert ist“, sagte die Epidemiologin Berit Lange der Zeit. Um die Anzahl der Opfer des Coronavirus in den beiden Ländern wirklich vergleich zu können, müssten wir demnach noch einige Tage abwarten.
Dienstag, 24. März: Trump preist Malaria-Medikament gegen Covid-19, Experten skeptisch
Ob Chloroquin gegen die Lungenerkrankung Covid-19 hilft, ist unklar. Das Medikament gilt wie viele andere als möglicher Kandidat für ein wirksames Mittel gegen das Coronavirus (mehr dazu weiter unten). Tests in Zellkulturen hatten gezeigt, dass das Medikament auch das Coronavirus angreift. Zwar gibt es eine erste Studie in Marseille, bei der Ärzte Corona-Patienten mit dem Medikament behandelt hatten. Aber die Publikation, die den Versuch auswertete, wies methodische Mängel auf und ist deswegen nicht aussagekräftig.
US-Präsident Donald Trump hielt das nicht davon ab, Chloroquin am Wochenende und am Montag wiederholt zu preisen. Es sei ein „starkes Medikament“ für die Behandlung von Coronavirus-Patienten. Man werde es schon bald einsetzen können.
Das mit Chloroquin eng verwandte Hydroxylchloroquin und das Antibiotikum Azithromycin zusammen eingenommen, habe „eine reelle Chance, einer der größten Durchbrüche der Geschichte der Medizin zu sein.“
Trumps Worte hatten drastische Konsequenzen: In Arizona ist ein Mann gestorben, nachdem er – aus Angst, sich mit dem Coronavirus zu infizieren – Chloroquinphosphat eingenommen hatte. Es ist ein Mittel das zwar so ähnlich klingt, wie das von Trump angesprochene Medikament, aber eigentlich ein Mittel zum Säubern von zum Beispiel Aquarien ist. Die Frau des Mannes liegt auf der Intensivstation.
Die Frau sagte dem amerikanischen Fernsehsender NBC News, sie habe im Fernsehen gesehen, wie Trump über die potentielle Wirkung von Chloroquin gesprochen hatte. Die Frau hatte das Mittel zuvor genutzt, um ihre Kois zu behandeln.
Da die beiden über 60 waren und damit zur Risikogruppe gehörten, entschieden sie sich, das Mittel mit Flüssigkeit zu trinken und sich so vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen.
Chinesische Forscher untersuchen Immunität gegen das Coronavirus
Ob Covid-19-Patienten nach ihrer Erkrankung immun gegen das Coronavirus sind, ist noch nicht klar – einen wissenschaftlichen Nachweis für eine Immunität gegen das Virus gibt es derzeit noch nicht. Forscher in China stellten allerdings in einer ersten Studie fest, dass Rhesus-Affen nach einer Infektion mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 tatsächlich immun waren.
Die Studie ist eher eine Art Mini-Test: Die Forscher infizierten vier Affen mit dem Coronavirus. Die Tiere erkrankten daraufhin; ein Affe wurde obduziert, die anderen drei wurden wieder gesund. Nach ihrer Genesung infizierten die Forscher die Tiere erneut mit dem Coronavirus. Doch die Affen zeigten weder Anzeichen einer Erkrankung, noch wiesen sie eine Virenlast auf, sie waren also nicht mehr ansteckend.
Immunität kann theoretisch beim Kampf gegen das Coronavirus helfen. Wenn immer mehr Menschen immun werden, können sie auch niemanden mehr anstecken. Dieser Tage wurde auch die Herdenimmunität häufig diskutiert. Von der spricht man, sobald sich 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung mit dem Virus infiziert haben. Der Virus kann sich dann nicht mehr exponentiell verbreiten, wie er es gerade in vielen Ländern tut.
Rhesus-Affen sind dem Menschen genetisch sehr ähnlich, deshalb gibt die Studie Grund zur Hoffnung, dass auch Menschen nach einer Infektion mit dem Coronavirus immun werden. Sicher ist das allerdings nicht: Bei einer Frau in Japan und vier entlassenen Patienten aus einer Klinik in der chinesischen Stadt Wuhan konnte das Virus auch nachdem sie wieder gesund waren nachgewiesen werden.
Der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité vermutet hinter dem Ergebnis allerdings fehlerhafte Tests. Um wirklich sicherzugehen, ob die Patienten noch ansteckend seien, müsste man die Virenlast in der Lunge messen. Das sei aber nicht geschehen.
Montag, 23. März: Klinik in Salzburg testet zwei Medikamente bei Covid-19
In Salzburg setzen Ärzte bei der Behandlung von Covid-19 auf zwei neue Medikamente. Seit Montag werden zwei schwer kranke Patienten mit dem Krebsmittel Tocilizumab behandelt, bald soll ein weiterer Intensivpatient das Ebola-Medikament Remdesivir bekommen.
Daten aus China hätten gezeigt, dass das Krebsmedikament die Schwere einer Covid-19-Erkrankung um 90 Prozent mildern könne, erklärt der Mediziner und Leiter des Krisenstabs am Landesspital, Richard Greil. Tocilizumab könne „den sogenannten Entzündungssturm bremsen“. Es wird auf der von Greil geleiteten Fachabteilung und dem Forschungszentrum gegen Krebs bereits verwendet. Remdesivir gilt ohnehin als vielversprechend in der Behandlung des Coronavirus (mehr dazu unten).
Wissenschaftler hatten bereits vergangene Woche 69 Medikamente identifiziert, die gegen das Coronavirus helfen könnten. Darunter befanden sich auch mehrere Krebsmittel. (mehr dazu weiter unten)
Ein weiterer Intensivpatient werde außerdem bald mit Remdesivir behandelt, das das Virus direkt angreife, erklärte Greil. Remdesivir wird vom US-amerikanischen Hersteller Gilead produziert und wurde an Ebola-Patienten getestet. Damals hatte es sich als sicher, aber nicht als wirksam erwiesen. Im Kampf gegen das Coronavirus gilt es als vielversprechend.
Generell versuche man, an Mittel zu kommen, mit denen eine Infektion mit dem Coronavirus behandelt werden könne – beispielsweise Malariamittel, sagte Greil. Außerdem bemühe sich die Klinik um Medikamente, die die Übertragung des Virus bei nur milden Symptomen hemmen könnten.
Das Landesspital Salzburg hatte zuletzt stark mit den Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie zu kämpfen. Weil sich jemand aus den eigenen Reihen mit dem Coronavirus infiziert hatte, sind derzeit 76 Ärzte des Spitals in Quarantäne – die werden aber eigentlich dringend gebraucht. Denn in Salzburg rechnet man bald mit deutlich mehr Corona-Patienten.
Die Landesklinik baut deshalb die Kapazitäten für die medizinische Betreuung von Corona-Patienten intensiv aus. Die ehemalige Dermatologie des Krankenhauses wurde ausgeräumt und zur Corona-Station umgerüstet; sie beherbergt jetzt das sogenannte „Covid-Haus“.
Alleine am Freitag wurden hier 50 Patienten ambulant untersucht und 16 stationär aufgenommen. Drei Patienten sind auf der Intensivstation. Weniger schwere Fälle sollen im Lazarett auf dem Messegelände behandelt werden.
Forscher identifizieren 69 Medikamente, mit denen man Covid-19 behandeln könnte
Gesundheitssysteme auf der ganzen Welt ächzen unter der Last der vielen Coronavirus-Patienten. Bisher gibt es noch kein Medikament, dass Covid-19-Patienten nachgewiesen hilft. Forscher haben jetzt 69 bereits zugelassene Medikamente identifiziert, die helfen könnten, wie die New York Times berichtete.
Das Coronavirus besteht aus 29 Genen, die für die Produktion von viralen Proteinen zuständig sind. Manche von ihnen greifen nur ein bestimmtes menschliches Protein an, andere mehrere Dutzende. Insgesamt fanden die Forscher 332 menschliche Proteine, die vom Coronavirus angegriffen werden.
Sie suchten deshalb Medikamente, die ebenfalls an diese menschlichen Proteine andocken, die das Coronavirus braucht, um in die Zellen zu gelangen und sich dort zu vermehren. Darunter sind Mittel gegen Krebs, Parkinson oder Bluthochdruck.
Auf der Liste sind auch Präparate, die eingesetzt werden, um Schizophrenie zu behandeln sowie das Malariamedikament Chloroquin, das im Einsatz gegen das Coronavirus als vielversprechend gilt (mehr dazu weiter unten).
Täuscht die niedrige Sterberate der Coronavirus-Patienten in Deutschland?
Über 26000 Menschen haben sich laut den Zahlen der Johns Hopkins University in Deutschland bis zum Montag mit dem Coronavirus infiziert. Gestorben sind bisher 111 Personen – das ist im Vergleich zu Ländern wie Italien sehr wenig. Deutschland hat damit sogar die geringste Sterberate der zehn Länder, die am stärksten vom Coronavirus betroffen sind, schreibt der Guardian.
Dabei haben Deutschland und Italien eine ähnliche Altersstruktur, knapp ein Fünftel der Bevölkerung ist 65 Jahre oder älter. Doch in Deutschland hat man schneller auf den Ausbruch des Coronavirus reagiert – und auch Menschen mit milden Symptomen getestet, sofern sie Kontakt mit einem Infizierten hatten oder selbst in einem Risikogebiet gewesen sind.
Der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité geht im Interview mit der Zeit davon aus „dass sehr viele jüngere Italiener infiziert sind oder schon waren, ohne je erfasst worden zu sein. Das erklärt auch die vermeintlich höhere Sterblichkeit durch das Virus dort.“
Ähnlich sieht das der Präsident des Robert Koch-Instituts Lothar Wieler. Langfristig werde es keinen großen Unterschied zwischen den Sterberaten in Deutschland und Italien geben.
Von den ersten etwa dreißig Opfern des Coronavirus waren zwei Drittel Männer, zeigt eine Recherche der Zeit. Die meisten Todesfälle gab es demnach in den am stärksten betroffenen Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg und Nordrheinwestfalen. Das ist auch weiterhin so.
Das jüngste dieser ersten dreißig Todesopfer war 67 Jahre alt. 20 der Patienten hatten eine chronische Erkrankung. Sieben der Coronavirus-Infizierten lebten in einem Alten- oder Pflegeheim. Diese Daten zeigen Parallelen zu den Folgen des Coronavirus in China. Auch dort waren es mehr Männer, die starben – und Pflegeeinrichtungen waren besonders verwundbar.
Freitag, 20. März: Zwei Neugeborene mit dem Coronavirus infiziert
Kann das Coronavirus über die Plazenta an ein ungeborenes Kind weitergegeben werden? Viele Schwangere fragen sich momentan, was die Ausbreitung des Coronavirus für ihr Baby bedeutet. Bislang gehen Forscher zwar nicht davon aus, dass das Virus während der Schwangerschaft oder der Geburt weitergegeben werden kann.
In London kam allerdings am Wochenende ein Baby zur Welt, das nur wenige Minuten nach der Geburt positiv auf Covid-19 getestet wurde. Die Mutter war schon Tage vor der Geburt aufgrund einer Lungenentzündung ins Krankenhaus eingeliefert worden. Sie hatte sich mit dem Coronavirus angesteckt.
Einen ähnlichen Fall gab es bereits Anfang Februar in China: Ein 30-Stunden-alter Säugling hatte sich mit dem Coronavirus infiziert. Aus China gab es bisher nur Berichte von 20 Schwangeren, die allesamt mit dem Virus infiziert waren, aber gesunde Kinder auf die Welt gebracht hatten.
Forscher müssen jetzt herausfinden, ob sich die beiden infizierten Babys in Großbritannien und China vor oder nach der Geburt angesteckt hatten. Bisher gehen die Experten am Robert Koch-Institut nicht davon aus, dass das Virus während der Schwangerschaft auf das Baby übertragen werden kann. Die Datengrundlage sei allerdings gering, wirklich gesicherte Aussagen könne man noch nicht treffen. Laut Robert Koch-Institut ist die Übertragung erst nach der Geburt über engen Kontakt und Tröpfcheninfektion möglich.
Studie: HIV-Medikament hilft nicht bei Covid-19
Als sich SARS-CoV im Jahr 2003 verbreitete, stellte man fest, dass das HIV-Mittel Kaletra Patienten half- und setzte es zur Behandlung ein. Kaletra kombiniert zwei sogenannte Protease-Hemmer: Lopinavir und Ritonavir. Sie dienen dazu, die Viruslast im Körper zu dämpfen. In Thailand haben Mediziner Kaletra in Kombination mit einem Grippemittel auch bei einer Frau aus China angewandt, die sich mit dem Coronavirus infiziert hatte.
Wissenschaftler in China haben das HIV-Mittel jetzt bei Covid-19-Erkrankten getestet – und keine Verbesserung festgestellt. Bis es einen Impfstoff gibt, wird es vermutlich noch dauern. Wissenschaftler forschen deshalb auf Hochtouren, welches bereits zugelassene Medikamente gegen das Coronavirus wirken könnten.
Virologe Christian Drosten geht nicht davon aus, dass steigende Temperaturen das Coronavirus ausbremsen
Christian Drosten, Virologe an der Berliner Charité schätzt, dass die steigenden Temperaturen der kommenden Frühlings- und Sommermonate nur einen kleinen Einfluss auf die Verbreitung des Virus haben werden. Er beruft sich dabei auf eine Modellstudie von US-Wissenschaftlern and der Harvard T.H. Chan School of Public Health.
Epidemische Viren wie die Influenzaviren reagieren demnach empfindlich auf UV-Licht und Trockenheit. Außerdem bauen viele in der Bevölkerung während der Wintermonate eine Immunität gegen die Viren auf. Im Zusammenspiel trägt das dazu bei, dass sich die Influenzaviren bei wärmerem Wetter nicht so stark vermehren.
In der Modellstudie sahen sich die Wissenschaftler auch pandemische Viren an, die mit dem Coronavirus vergleichbar sind. Bei diesen Viren konnten sie lediglich eine kleine Verlangsamung in der Ausbreitung feststellen. Das liege auch daran, dass bisher nur wenige Menschen eine Immunität gegen das Virus aufgebaut hätten.
Drosten spricht in seinem täglichen NDR-Podcast außerdem über die fehlende Datengrundlage zu Ausgangssperren. Aktuell könne niemand sagen, welchen Effekt sie auf das Virus hätten, sagt Drosten. Deshalb brauche es seiner Ansicht nach bis Ostern dringend Modellstudien dazu, ob Schüler bald wieder zur Schule gehen dürfen. „Wir können nicht ewig so weitermachen“, sagt der Virologe im Podcast.
Donnerstag, 19. März: Covid-19- Pandemie lässt sich nur mit mindestens 18 Monaten konsequenter Isolation unterdrücken, schätzen Forscher
Ein Forscherteam des Imperial College in London hat sich in einer Studie mit zwei möglichen Szenarien auseinandergesetzt, wie man auf die Coronavirus-Pandemie reagieren könnte. Ihre Vorhersagen beziehen sich auf Großbritannien und die USA und liegen offenbar den drastischen Maßnahmen in diesen beiden Ländern zugrunde.
Die Forscher untersuchten einerseits, was es bedeuten würde, die Ausbreitung des Virus abzubremsen und gleichzeitig Immunität in der Bevölkerung aufzubauen – und andererseits welche Folgen eine konsequente Unterdrückung der Pandemie hätte. Die Financial Times hat in verschiedenen Grafiken gezeigt, was die Szenarien bedeuten.
Bei der Abbremsung geht es darum, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen, aber seine Ausbreitung nicht notwendigerweise zu stoppen. Dieses Szenario zielt darauf ab, das Gesundheitssystem zu entlasten und Risiko-Patienten zu schützen. Um das Virus abzubremsen kombinieren die Forscher in ihrer Modellrechnung eine Reihe von Maßnahmen: Symptomatisch Erkrankte würden isoliert, Haushaltsmitglieder sollten in freiwillige Quarantäne gehen. Außerdem sollte Abstand zu Personen, die älter als siebzig Jahre sind, gehalten werden.
Will man die Pandemie konsequent unterdrücken, muss die Zahl der Ansteckungen dabei langfristig niedrig gehalten werden. Das funktioniert nur, wenn sich die gesamte Bevölkerung isoliert – unabhängig davon, was das für die Wirtschaft und das Sozialleben der Menschen bedeutet.
Laut den Forschern gibt es bei beiden Szenarien Herausforderungen: Wenn es gelingt, die Ausbreitung von Covid-19 zu verlangsamen, rechnen die Wissenschaftler zwar mit halb so vielen Toten. Doch die – dann verlangsamte – Epidemie würde immer noch Hunderttausende Tote fordern.
Versucht man die Epidemie mit Isolationsmaßnahmen für die gesamte Bevölkerung zu unterdrücken, müssten diese Maßnahmen nach Einschätzung der Forscher 18 Monate oder länger durchgehalten werden. Denn: Würden die Maßnahmen ohne einen verfügbaren Impfstoff gelockert, würde die Zahl der Infizierten mangels Immunität in der Bevölkerung rasch wieder hochschnellen.
Ein großes Problem, dass bei der Simulation der Forscher deutlich wurde, ist die zu geringe Anzahl an Krankenhausbetten. Während sie in der Studie davon ausgehen, dass jeder Patient behandelt werden kann, sieht die Realität anders aus.
Wenn nichts gegen die Ausbreitung von Covid-19 unternommen wird, wären schon in der zweiten Aprilwoche alle verfügbaren Betten belegt. Am Höhepunkt der Epidemie könnte von 30 Patienten, die intensiv gepflegt werden müssen, nur einer angemessen behandelt werden.
Schafft man es, die Coronavirus-Pandemie abzubremsen, sinkt der Bedarf an Menschen, die Intensivpflege benötigen um zwei Drittel, zeigen die Forscher. Greifen die Länder zu noch drastischeren Maßnahmen, könnten Krankenhäuser sogar mit der Anzahl an Patienten umgehen.
Dazu müssten Personen mit Symptomen isoliert und Schulen und Universitäten für fünf Monate geschlossen werden. Zudem müsste jeder seine sozialen Kontakte um 75 Prozent einschränken. Die Forscher berechnen nicht, welchen Preis – wirtschaftlich, gesundheitlich und sozial – die Gesellschaft dafür zahlen müsste.
Mittwoch, 18. März: Wie sinnvoll ist eine Behandlung mit Malaria-Medikamenten bei einer Corona-Erkrankung?
In Tübingen soll kommende Woche das Medikament Chloroquin gegen die Lungenkrankheit Covid-19 getestet werden. Chloroquin wird seit Jahren für die Behandlung von Malaria eingesetzt – in China und Italien wird es schon seit Wochen an Covid-19-Patienten verabreicht. Der SWR hatte unter anderem darüber berichtet.
Ob das sinnvoll ist, will das Tübinger Institut für Tropenmedizin jetzt in einer Studie an Menschen herausfinden. Laut dem Institutsdirektor Peter Kremsner zeigten zwar Versuche im Reagenzglas, dass Chloroquin gegen viele Viren, auch Sars-CoV-2, wirke. Unklar sei aber, ob der Einsatz des Medikaments in China und Italien erfolgreich war.
Die Erkrankten hätten Chloroquin teils in sehr hoher Dosierung gemeinsam mit vielen weiteren Medikamenten bekommen. „Es kann auch sein, dass es nicht wirkt oder sogar schadet“, sagt Kremsner. Die Tübinger Tropenmediziner wollen eine moderat an Covid-19 erkrankte Testgruppe behandeln. Der Antrag für die Studie soll am Mittwoch bei der Tübinger Ethikkommission eingereicht werden.
Derweil kritisiert der Virologe Christian Drosten im NDR-Podcast eine ähnliche Studie in Marseille und dämpft die Hoffnung auf ein baldiges Medikament, dass gegen das Coronavirus wirkt. Nur weil eine Substanz in der Zellkultur gegen das Virus wirke, verhalte sie sich beim Menschen nicht auch so, warnte Drosten.
Die Studie sei unter anderem deshalb problematisch, weil nur die Anzahl der Viren gemessen wurde. Dazu gibt es aber noch überhaupt keine verlässlichen Kriterien – Drosten empfiehlt deshalb den Behandlungserfolg am klinischen Ausgang zu messen. Anhand der Studie könne man nicht erkennen, ob Chloroquin gegen eine Corona-Erkrankung helfen würde.
Japanisches Grippemittel hilft offenbar bei einer Coronavirus-Infektion
Chinesische Gesundheitsbehörden berichten von einem japanischen Grippemittel, das gegen das Coronavirus wirken soll, schreibt der Guardian und beruft sich auf japanische Medienberichte. Das Medikament Favipiravir wurde entwickelt, um neue Stämme der Influenzaviren zu behandeln.
Bei einer klinischen Untersuchung an 340 Menschen in Wuhan und Shenzhen wurde das Mittel den Coronavirus-Infizierten verabreicht. Patienten, die Favipiravir eingenommen hatten, konnten vier Tage nach der Einnahme negativ auf das Coronavirus getestet werden. Im Vergleich: Bei denen, die nicht mit Favipiravir behandelt wurden, dauerte es elf Tage, bis sie Covid-19-negativ waren.
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Dienstag, 17. März: Coronaviren lassen sich stundenlang auf Oberflächen nachweisen
Der neuartige Coronavirus ist laut einer Studie auch noch nach Stunden auf Oberflächen nachweisbar. Eine Gruppe von Forschern unter anderem aus Princeton und der University of California in Los Angeles fanden das Virus auf Kupferoberflächen auch nach vier Stunden.
Auf Pappe überlebt Covid-19 demnach bis zu 24 Stunden, auf Plastik und Edelstahl zwei bis drei Tage. Die sogenannte Infektionsdosis der Viren reduzierte sich auf allen Oberflächen über diese Zeiträume deutlich. Laut dem Bundesministerium für Risikobewertung sei eine Schmierinfektion zwar möglich, aber „im Allgemeinen sind humane Coronaviren nicht besonders stabil auf trockenen Oberflächen.“
Bislang gebe es noch keine Fälle, bei denen sich Menschen nachweislich durch Kontakt zu kontaminierten Gegenständen angesteckt haben.
Virologe entdeckt weiteres Symptom bei Covid-19-Patienten
Der Virologe Hendrik Streeck hat zahlreiche Coronavirus-Patienten in häuslicher Quarantäne untersucht und dabei ein weiteres Symptom entdeckt: „Fast alle Infizierten, die wir befragt haben, und das gilt für gut zwei Drittel, beschrieben einen mehrtägigen Geruchs- und Geschmacksverlust“, sagte er in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
Dass diese Erkenntnis bei der Erst-Diagnose helfen wird, ist derweil nicht unbedingt wahrscheinlich. Denn Geruchs- und Geschmacksverlust ist ein auch bei anderen bei Atemwegsinfektionen vergleichsweise häufig auftretendes Symptom.
Ansonsten konnte der Virologe in seiner Untersuchung die bereits aus anderen Ländern bekannten Krankheitsverläufe auch für Deutschland bestätigen. 91 Prozent der Infizierten hätten nur milde bis moderate Symptome gezeigt, etwa trockenen Husten und Fieber. Zudem hätten 30 Prozent der Fälle Durchfall gehabt – „das ist häufiger, als bisher angenommen wurde“.
Montag, 16.03.2020: Erste Tests für einen Corona-Impfstoff
In Seattle hat die erste Frau einen möglichen Impfstoff gegen das Coronavirus injiziert bekommen. Sie hat sich freiwillig gemeldet und ist Teil der ersten Phase von klinischen Tests an einem Forschungsinstitut in Seattle. Insgesamt werden 45 Erwachsene zwischen 18 und 55 den Impfstoff testen. Die Tests werden circa sechs Wochen dauern.
Auf der ganzen Welt wird aktuell an Impfstoffen gegen Covid-19 geforscht. Um den Prozess zu beschleunigen, arbeiten Wissenschaftler mit innovativen Verfahren, wie der NDR berichtet. Es wird dabei nur die genetische Information des Virus benötigt und nicht wie bisher die Viren selbst.
Hintergrund über das Coronavirus:
Forscher in München und Marburg arbeiten beispielsweise mit sogenannten viralen Vektoren, die für den Menschen ungefährlich sind. Sie enthalten Teile der Erbinformationen des Virus und schleusen diese Information direkt in die Zellen ein, die daraufhin eine Hülle des Coronavirus produzieren. Das Immunsystem kann sich so auf das Auftauchen des echten Virus vorbereiten.
Das Pharma-Unternehmen CureVac arbeitet, so wie andere, mit einer vielversprechenden neuen Technologie und nutzt sogenannte Boten- oder Messenger-RNA (mRNA) als Werkzeug. Die mRNA soll den Körper zur Protein-Produktion anregen und so gezielt Infektionen oder auch Krebszellen bekämpfen.
Das Robert Koch-Institut hat Hoffnungen auf einen baldigen Impfstoff gegen das Coronavirus allerdings gedämpft. „Ich persönlich schätze es als realistisch ein, dass es im Frühjahr 2021 sein wird“, sagte Präsident Lothar Wieler am Mittwoch. Alles, was bürokratisch machbar sei, müsse getan werden. Klinische Testphasen aber könne man nicht verkürzen. Denn die Impfstoffe müssten vor allem eins sein: sicher.
Könnte ein Ebola-Mittel Covid-Erkrankten helfen?
Das Ebola-Medikament Remdesivir wird derzeit in zwei Studien an Coronavirus-Patienten getestet. Der Wirkstoff des US-amerikanischen Herstellers Gilead ist bisher noch in keinem Land zugelassen. Vor Jahren testete man ihn an Ebola-Erkrankten. Er hatte sich dabei zwar als sicher, aber nicht als wirksam erwiesen.
Das Mittel habe sich allerdings in Laborversuchen wirksam gegen MERS- und SARS-Erreger gezeigt, schreibt Gilead auf seiner Website. Es gilt deshalb nun als vielversprechendes Mittel in der Behandlung von schwerwiegenden Corona-Erkrankungen.
Bei den Studien soll Remdesivir auch in Deutschland getestet werden. Ab Anfang April sollen Covid-19-Patienten an den Unikliniken Hamburg, Düsseldorf und München-Schwabing mit dem Ebola-Medikament behandelt werden.