Das Bezirksamt Lichtenberg kritisiert den Bau eines Pop-Up-Radwegs im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Dort wurde ein temporärer Radweg auf der Frankfurter Allee eingerichtet. Die Hauptverkehrsstraße mit jeweils drei Autospuren für beide Fahrtrichtungen führt bis nach Lichtenberg und ist täglich stark befahren.
Stadteinwärts wird sie zur Karl-Marx-Allee und geht bis zum Alexanderplatz. Bisher führen schmale Radwege neben den Gehwegen auf beiden Seiten der Straße entlang. Der neue, temporäre Radweg wurde auf der Fahrbahn errichtet und ist breiter.
Lichtenbergs Bürgermeister Michael Grunst (Linke) findet, der Nachbarbezirk hätte mit ihm über die Pläne für den Radweg sprechen müssen. Grunst glaubt nicht, dass es sich bei dem Radweg um eine provisorische Lösung handelt, sondern „eigentlich um eine dauerhafte Lösung“. Und da beteilige Lichtenberg aber die Bürger an der Planung. Man wolle nicht an den Anwohnern vorbei vollendete Tatsachen schaffen. Natürlich seien Radwege Bezirksentscheidungen, aber da die Strecke von zahlreichen Pendlern aus Lichtenberg genutzt werde, hätte man sich über einen Austausch gefreut.
Monika Herrmann, grüne Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, widerspricht: Man setze die Pop-Up-Radwege in Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung um – und keinesfalls im Alleingang. Es habe durchaus Gespräche mit dem Bezirksamt Lichtenberg über die Errichtung des Pop-Up-Radwegs in der Frankfurter Allee gegeben, vor einigen Wochen „auf Arbeitsebene des Fachbereichs“.
Vom U-Bahnausgang direkt auf den Radweg
Der neue Radweg führt nicht in den Bezirk Lichtenberg hinein. Er wurde, lediglich stadteinwärts, auf Höhe des S-Bahnhofs Samariterstraße zwischen Vogt- und Proskauer Straße errichtet, dort, wo auch das Rathaus Friedrichshain ist. Da der U-Bahnausgang direkt auf den bisherigen Radweg führt, spricht das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von einer Gefahrenstelle, da Fahrgäste, die den U-Bahnausgang verlassen, den Radweg überqueren müssen – oft kam es in der Vergangenheit zu Unfällen.
Die Pop-Up-Radwege sollten eigentlich nur bis zum 31. Mai bleiben. Es handelt es sich um verbreiterte, temporäre Radwege, die seit der Corona-Pandemie an mehreren Orten in Berlin entstehen. Radfahrer*innen sollen auf ihnen die gebotenen Abstandsregeln besser einhalten können. Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz möchte sie jedoch gerne länger erhalten, wie Sprecher Jan Thomsen dem Tagesspiegel-Checkpoint am Donnerstag sagte.
Senat: Pop-Up-Radwege sollen möglichst alle bleiben
Es sei noch in der finalen Abstimmung, „dass sie möglichst alle bleiben“. Aus der provisorischen Version soll eine dauerhafte werden, einfach indem die gelben Markierungen der Pop-Up-Radwege durch weiße, langledige Markierungen ersetzte oder sogar zu grünen, geschützten Radwegen ausgebaut werden. Für diesen Schritt brauche es aber eine eigene Anordnung. Die FDP teilte bereits mit, die Pop-Ups auf Rechtmäßigkeit prüfen zu wollen und hält sie für unzulässig.
Während im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg seit Ende März neun zusätzliche Fahrradspuren mit der Gesamtlänge von rund 10 Kilometern entstanden sind, ist in Lichtenberg nicht ein einziger gebaut oder geplant worden. Das Bezirksamt Lichtenberg hält generell nicht viel von Pop-Up-Radwegen.
Verkehrsstadtrat Marin Schaefer (CDU) hatte dem Tagesspiegel-Leute-Newsletter am Montag gesagt, diese seien „nur schwerlich möglich und nicht beabsichtigt.“ Aus der „Tradition einer gelebten Bürgerbeteiligung heraus“ würde der Bezirk Lichtenberg „tiefgreifende Neuordnungen im Straßenverkehr nicht ohne die Einbeziehung der bezirklichen Gremien und der Bewohnerschaft veranlassen.“
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Das „Netzwerk Fahrradfreundliches Lichtenberg“ ist enttäuscht von Schaefers Arbeit: Bislang sei der neue Stadtrat „leider nicht durch besonderes Engagement für die Sicherheit von Radfahrenden und Fußgänger*innen aufgefallen“. In Lichtenberg laufen derzeit gerade mal vier Maßnahmen zur Radinfrastruktur, lediglich neun Straßenabschnitte sind in Planung für Sanierungen, Ausbau oder Neubau.
2018 kündigte die CDU „massiven Widerstand“ gegen den Radweg an
Nicht nur „Fridays for Future Lichtenberg“ fordert ein Zeichen von Stadtrat Schaefer, auch „Changing Cities“, die sich für eine Verkehrswende einsetzen, fragen sich, was im Bezirk Lichtenberg los ist. Immerhin hat die Linkspartei, der auch Bezirksbürgermeister Grunst angehört, das von der Koalition vor nunmehr mehr als einem Jahr verabschiede Mobilitätsgesetz unterschrieben. Es sieht unter anderem vor, an allen Hauptstraßen Radwege zu bauen.
Monika Herrmann teilte aus Friedrichshain mit: „Radfahrende und Fußgänger*innen würden sich sicher über eine Weiterführung im Lichtenberger Teil der Frankfurter Allee freuen. Aber die Entscheidung und Planungen hierfür liegen selbstverständlich beim Bezirksamt Lichtenberg.“
2018 hatte es bereits Streit um die geplante Errichtung eines Radweges auf der Fahrbahn der Frankfurter Allee gegeben, stadtauswärts. Damals hatte die CDU „massiven Widerstand“ und eine Blockade gegen den Bau des Radwegs angekündigt, da sie durch die Wegnahme einer Autospur Dauerstau befürchtete, was besonders Pendler aus Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf belasten würde.