/Michael Müller will Enteignungen verhindern

Michael Müller will Enteignungen verhindern

Der Regierende Bürgermeister und SPD-Landeschef Michael Müller steckt in der Klemme: Er lehnt das Volksbegehren zur Enteignung der Deutsche Wohnen und anderer großer Immobilienfirmen ab. Doch auf dem SPD-Landesparteitag am 30. März steht das heikle Thema auf der Tagesordnung und in den Kreisverbänden der Berliner Sozialdemokraten wächst die Neigung, die Enteignungsinitiative „positiv zu begleiten“, wie parteiintern zu hören ist.

Um eine Abstimmungsniederlage zu vermeiden, sucht Müller nach Ausweichstrategien. So will er versuchen, eine Beschlussfassung auf den Herbst zu vertagen. Bis dahin solle, so schlägt es die Antragskommission des SPD-Vorstands vor, „ein innerparteilicher Diskussionsprozess mit breiter Beteiligung unserer Mitglieder stattfinden“.

Erst danach solle geklärt werden, unter welchen Bedingungen Enteignungen oder Vergesellschaftungen „für uns infrage kommen, um das Ziel eines ausreichenden Wohnungsangebots in Berlin zu gewährleisten“.

Müller will ein Mietenbündnis zwischen Senat und privater Wohnungswirtschaft

Der Regierungs- und SPD-Landeschef hat noch eine andere Idee, um von der Enteignungsforderung wegzukommen. Er will ein Mietenbündnis zwischen dem Berliner Senat und der privaten Wohnungswirtschaft ins Leben rufen – mit dem Ziel einer freiwilligen Dämpfung der Mieten.

Von den Unternehmen ist zu hören, dass der Senat für ein solches Bündnis etwas anbieten müsse. Zum Beispiel weniger langwierige Beteiligungsverfahren bei Bauvorhaben – oder günstiges Bauland für Privatinvestoren. Außerdem gebe es ja schon den Mietspiegel.

Darüber hinaus setzt nicht nur Müller große Hoffnungen in den Vorschlag aus den eigenen Reihen, mit einem „Berliner Mietendeckel“ die Kostenexplosion auf dem Wohnungsmarkt der Hauptstadt einzudämmen. Mit einem solchen Instrument könne man sich Luft verschaffen, bis der Mietenmarkt in Berlin wieder entspannt sei, steht in einem Antrag für den SPD-Landesparteitag Ende März, über den parteiintern schon Konsens besteht.

Am 6. April startet die die Unterschriftensammlung für das Volksbegehren

Betont wird in dem Antrag, dass die Wohnungs- und Mietenpolitik der Berliner Sozialdemokraten aus einem Dreiklang bestehe: „Bauen, kaufen, deckeln“. Ob dies ausreicht, um die Enteignungsdiskussion im SPD-Landesverband auf den Herbst zu verschieben, ist aber völlig ungewiss.

Button_Wem gehört Berlin

Für Parteichef Müller ist das Thema eine Belastung: „Meine Hoffnung ist gewesen, dass man es abtropfen lassen kann“, sagte er kürzlich in einer Gesprächsrunde mit Vertretern der Immobilienwirtschaft und Juristen. Aber die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ startet am 6. April mit der Unterschriftensammlung für das Volksbegehren. 20.000 Unterschriften müssen in dieser ersten Stufe gesammelt werden.

Ein erfolgreicher Volksentscheid wäre ein „fatales Signal in die Wirtschaft“, so Müller

Auch Müller zweifelt nicht daran, dass die Initiative diese erste Hürde mühelos nehmen wird. Anschließend müssen mindestens sieben Prozent der Berliner Wahlberechtigten (etwa 170.000 Bürger) dem Enteignungsvorschlag zu stimmen. Im Erfolgsfall käme es zum Volksentscheid.

Der Regierende Bürgermeister sähe darin, wenn es so kommt, „ein fatales Signal in die Wirtschaft“. Außerdem würden in diesem Fall möglicherweise jüdische Eigentümer in Deutschland zum zweiten Mal enteignet. Große Teile seiner Partei haben eine andere Sicht auf die Dinge. „Wir begrüßen es ausdrücklich, dass sich aus der Stadtgesellschaft heraus Initiativen bilden, die den kapitalistischen Wohnungsmarkt bekämpfen“, steht im Parteitagsantrag der Jungsozialisten, der mehrheitsfähig sein könnte.