/Zehn Unternehmen droht in Berlin die Enteignung

Zehn Unternehmen droht in Berlin die Enteignung

Die Deutsche Wohnen ist „nicht das schlimmste Unternehmen, aber es ist das größte unter den schlimmsten“, sagt der Sprecher der Enteignungsinitiative, Rouzbeh Taheri. Daher schmückt sich das Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ mit dem Namen der Wohnungsunternehmens, das vor allem durch Ankäufe von Landeswohnungen zum größten Berliner Immobilienbesitzer geworden ist, mit rund 111.000 Wohnungen in Berlin deutlich größer als das größte städtische Degewo (73.000 Wohnungen).

Die Deutsche Wohnen führt die Liste zu enteignender Wohnungsunternehmen an. Neun weitere werden in der Kostenschätzung des Senats aufgeführt, weil sie über der von der Initiative genannten Schwelle von 3000 Wohnungen liegen. Auch die Hilfswerk-Siedlung der evangelischen Landeskirche, mit ihrem Bestand von 6000 Wohnungen.

Die Wohnungsgesellschaft wird von der Kirche als gemeinnützig beworben, sie engagiert sich für Obdachlose und sozial benachteiligte Mieter. „Es ist völlig unverständlich, dass ein soziales Wohnungsbauunternehmen auf der Liste einer Enteignungsinitiative steht und dass dies vom Berliner Senat politisch unterstützt wird“, sagt Landesbischof Markus Dröge. Taheri gibt Entwarnung: „Die Hilfswerk-Siedlung gehört unseres Erachtens nicht auf die Liste.“ Sie arbeite nicht gewinnorientiert, erfülle also nicht das zweite Kriterium neben der Zahl der Wohnungen.

Stattdessen würde Taheri die „Pears Group“ auf die Liste setzen, „eine sehr verschachtelte Gesellschaft“ aus Großbritannien, die nach eigenen Angaben 6200 Wohnungen in Deutschland besitzt, vor allem in Berlin. Klare Strategie von Pears und anderen Akteuren ist, das Potenzial des Berliner Marktes zu heben. Viele Investoren glauben daran, dass die Hauptstadt bei Mieten und Kaufpreisen längerfristig mindestens zu Paris und London aufschließen wird.

Auch Nummer zwei und drei haben keinen guten Ruf

Die Nummer zwei Vonovia mit 44.000 Wohnungen unter Mietern hat einen ähnlich schlechten Ruf. Die Bundestagsfraktion der Linken ließ das Geschäftsmodell des Unternehmens vom Wirtschaftwissenschaftler Heinz-J. Bontrup begutachten. Der kam zu dem Schluss, dass es sich eigentlich nicht um ein Wohnungsunternehmen handelt, sondern einen „Finanzinvestor mit angeschlossener Immobilienwirtschaft“.

Vonovia agierte bis 2015 als Deutsche Annington, schon damals gab es häufiger Beschwerden über schlechte Instandhaltung und schleppende Reparaturen. Die Deutsche Annington entstand 2001 durch den Kauf von 65.000 Wohnungen der Deutschen Bahn. Durch etliche Zukäufe, finanziert vor allem durch den Börsengang, ist Vonovia inzwischen mit rund 350.000 Wohnungen der größte deutsche Immobilienkonzern.

Der nächsten Kandidat auf der Liste, ADO Properties, hat ebenfalls mit Negativschlagzeilen wegen kaputter Heizungen und hoher Mietforderungen zu kämpfen. Außerdem hat sich das Unternehmen bei Ankäufen die Grunderwerbssteuer gespart. Covivio ist erst kürzlich durch Fusion der französischen Konzernmutter Foncière des Régions und der deutschen Immeo entstanden. Die Immeo entstand als Ausgründung des Stahlkonzerns ThyssenKrupp, der seine Werkswohnungen 2004 an die US-Bank Morgan Stanley und Corpus Immobiliengruppe verkaufte. Rund 40.000 Wohnungen gehören zum deutschen Bestand der Covivio mit Sitz in Stuttgart.

Unternehmen werben mit hoher Mieterzufriedenheit

Die schwedische Akelius, in Berlin mit 13.700 Wohnungen vertreten, gilt in Aktivistenkreisen als „Miethai“. Mieter berichten von verschleppter Instandsetzung, falschen Nebenkostenabrechnungen und häufigen Modernisierungen. „Spekulanten wie Akelius setzen um jeden Preis auf Profit“, heißt es bei der Mieterinitiative Bizim Kiez. Akelius sieht das natürlich anders. „Wir sind ein langfristig orientiertes Wohnungsunternehmen“, erklärte das Unternehmen auf Anfrage. „Wir führen nur behutsame Modernisierungen durch. Wir renovieren keinen Mieter heraus.“

Button_Wem gehört Berlin

Jeweils weniger als 10.000 Wohnungen haben die Unternehmen Grand City Properties, BGP Gruppe und TAG Immobilien in Berlin, allesamt Investmentgesellschaften, die eher Renditen im Blick haben. TAG Immobilien will in diesem Jahr wegen unerwartet hoher Gewinne seine Dividende erhöhen. Der Grund für den Gewinnsprung: „Steigende Mieten, weniger Leerstand und geringere Kosten.“

Grand City Properties (GCP) selbst sieht sich als ein fairer Akteur auf dem Wohnungsmarkt, es gebe einen „starken Fokus auf die Mieter“, hieß es auf Anfrage. „Das führt zu einer hohen Mieterzufriedenheit, die regelmäßig von uns überprüft wird. Im Rahmen der langfristigen Strategie legt GCP das Augenmerk auch auf die Nachbarschaft, organisiert jährlich bis zu 200 lokale saisonale Mieterveranstaltungen und unterstützt viele Vereine und Initiativen in und um unsere Liegenschaften.“

Das Unternehmen mit dem kleinsten Wohnungsbestand, die Deutsche Vermögens- und Immobilienverwaltungs GmbH, geriet 2015 in die Schlagzeilen, als in der Weddinger Koloniestraße für einstige Sozialwohnungen die Miete verdoppelt wurde. Der Protest mündete in eine Reform des Sozialen Wohnungsbaus und die Kappung der so genannten Kostenmiete.