/Mieterverein kritisiert Senatspläne zum Mietendeckel

Mieterverein kritisiert Senatspläne zum Mietendeckel

Die Mieten in Berlin sollen in nicht preisgebundenen Wohnungen ab 2020 für fünf Jahre eingefroren werden. Das sieht ein Eckpunktepapier vor, das die Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) noch vor der Sommerpause Mitte Juni im Senat vorlegen wird. Die „öffentlich-rechtliche Begrenzung der Mieten“ soll durch ein Landesgesetz erfolgen. Einen entsprechenden Entwurf soll der Senat im Herbst beschließen, anschließend muss das Abgeordnetenhaus zustimmen. Das neue „Berliner Mietengesetz“ gilt nicht für den sozialen Wohnungsbau und auch nicht für Wohnungsneubau, der noch nicht vermietet wurde.

Das Eckpunktepapier, das dem Tagesspiegel vorliegt, ist zwischen den Koalitionspartnern SPD, Linken und Grünen weitgehend einvernehmlich besprochen. Der Berliner Mieterverein beurteilt das aktuelle Vorhaben aber skeptisch. Die Initiative für einen Berliner Mietendeckel ging von den Sozialdemokraten aus. Zuerst hatte die „Berliner Morgenpost“ über das neue Papier aus der Stadtentwicklungsverwaltung berichtet.

Demnach gilt für fünf Jahre ein gesetzliches Mietenmoratorium. Die Mieter haben das Recht, ihre Miete auf „Mietpreisüberhöhung“ prüfen zu lassen. Falls die Miete zu hoch ist, kann sie „in Form eines Absenkungsbegehrens“ auf die zulässige Miethöhe reduziert werden. Geschützt werden durch die neue Regelung auch Mieter, die neu in eine Wohnung einziehen. Es darf in diesem Fall nur die zuletzt vereinbarte Miete verlang werden. Die oft praktizierte Erhöhung des Mietpreises bei Neuvermietungen wird dadurch gestoppt.

[Sorgen und Nöte der Mieter: In unseren Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken ist der Berliner Wohnungsmarkt regelmäßig Thema – oft mit konkreten Kiez-Beispielen. Die Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Für Modernisierungsumlagen werden besondere Genehmigungs- und Anzeigepflichten für die Vermieter geschaffen. Anzeige-, aber nicht genehmigungspflichtig sollen künftig Modernisierungsumlagen sein, die die Bruttowarmmiete um maximal 50 Cent pro Quadratmeter monatlich erhöhen.

Button_Wem gehört Berlin

Mieterhöhungen über 50 Cent müssen genehmigt werden

Die voraussichtliche Einsparung von Betriebskosten durch solche Modernisierungsmaßnahmen muss vom Vermieter „durch eine schriftliche Beurteilung eines Sachverständigen“ nachgewiesen werden. Mieterhöhungen über 50 Cent durch Modernisierungen stehen künftig unter einem Genehmigungsvorbehalt.

Falls das neue Mietengesetz im Einzelfall zu wirtschaftlichen Härtefällen führt, können die betroffenen Vermieter dies von der landeseigenen Investitionsbank Berlin prüfen lassen. Die Bank kann dann „höhere Mietvereinbarungen“ genehmigen. Den betroffenen Mietern wird in diesem Fall ein öffentlicher Zuschuss gewährt, wenn sie einen Wohnberechtigungsschein haben.

Verstöße gegen das neue Gesetz werden, so das Eckpunktepapier, als Ordnungswidrigkeit behandelt und können mit einer Geldbuße bis 500.000 Euro geahndet werden. Mieter können, wenn sie von einem Gesetzesverstoß ausgehen, dies beim Bezirksbank oder der Investitionsbank anzeigen.

Im Eckpunktepapier werden aber auch noch Alternativen benannt: Erstens ein „Mietenmoratorium mit Inflationsausgleich“ oder die Festlegung einer gesetzlich festgelegten Mietobergrenze.

CDU und FDP kritisieren den Entwurf

Mitte Mai war ein erster Entwurf aus dem Hause von Stadtentwicklungssenatorin Kathrin Lompscher bekannt geworden, über den der Tagesspiegel-Newsletter Checkpoint berichtet hatte. Darin war noch von einer Mietobergrenze die Rede. Das Papier sah eine stadtweite Höchstmiete vor, deren Überschreitung genehmigungspflichtig ist. Anders als von der SPD breits im März gefordert, sollten die Mieten nicht generell ab einem bestimmten Zeitpunkt für mehrere Jahre „eingefroren“ werden. Die Begründung: „Die gegenwärtige Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt rechtfertigt ein generelles Aussetzen von Mieterhöhungen nicht.“

Lompscher sagte am Rande des Parteitags der Linken Mitte Mai, es gebe die Einschätzung, „dass wir für einen Mietendeckel die Kompetenz auf Landesebene haben“.

Der Vize-Landeschef der SPD, Julian Zado, zeigte sich am Mittwoch erst einmal zufrieden. „Es ist gut, dass Katrin Lompscher in ihren Eckpunkten jetzt doch unseren Vorschlag aufgreift, die Mieten generell einzufrieren“, sagte er dem Tagesspiegel. Nur so könne die Mietpreisspirale effektiv gestoppt werden. Deshalb seien die Eckpunkte „eine gute Diskussionsgrundlage, die wir jetzt prüfen werden“. Die SPD wolle, dass der Mietendeckel so weit gehe, wie es rechtlich möglich sei.

Grünen-Wohnungspolitikerin Katrin Schmidberger sagte, dass die Kombination aus Mietendeckel und Mietmoratorium die „fairste Regelung“ sei. Allerdings sieht Schmidberger die Rolle der Investitionsbank Berlin (IBB) sehr kritisch, wenn die IBB als „Fördermittelgeber“ auch die Härtefälle prüfen solle. „Die IBB ist eine Bank, die keine bautechnischen Beurteilungen machen kann.“ Gaby Gottwald, Stadtentwicklungspolitikerin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, sagte, sie sehe die Rolle der IBB in der Diskussion um den Mietendeckel, der in der Koalition unstrittig ist, als eine untergeordnete Umsetzungfrage. Für die Realisierung des Mietendeckels müsse man noch Tabellen mit Bau- und Altersklassen von Gebäuden erarbeiten. Denn auf Antrag von Mietern soll künftig eine Überprüfung der Miete auf Mietpreisüberhöhung möglich sein. In Form eines Absenkungsbegehrens soll die Miete auf die zulässige Miete reduziert werden, „die sich an einer zu definierenden allgemeingültigen Mietobergrenze orientiert“, steht im Eckpunktepapier.

Mieterverein: „Das klingt populär, ist aber zu undifferenziert.“

Der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild, sieht ein generelles Mietenmoratorium skeptisch. „Das klingt zwar populär, ist aber zu undifferenziert, es wird den Problemen nicht ausreichend gerecht“, sagt er und schiebt die Frage nach: „Warum sollte man bislang sozialverträgliche Mieten einfrieren, wenn man auch für diese Wohnungen künftige Mietsteigerungen klar reglementieren kann, falls diese überhöht sind?“ Ähnlich argumentierten in der Vergangenheit auch schon verschiedenste andere Kritiker. Bislang sozial gesonnene Vermieter würden durch die generelle Deckelung benachteiligt, heißt es. Hingegen könnten profitorientierte Vermieter wenigstens ihre ohnehin schon hochgetriebenenen Mieten weiter kassieren.

Der Mieterverein strebt statt des Mietendeckels ein „wohnungspolitisch durchdachteres Konzept“ an, das Mieter nachhaltig schützen solle. Dieses müsse eine öffentlich-rechtliche Mietpreisbindung dauerhaft verankern, und zwar so, dass sich Mieter und Vermieter an den künftigen Regelungen möglichst problemlos orientieren könnten. „Es muss ein einfaches Verfahren mit möglichst wenig Verwaltungsaufwand sein“, sagt Wild. Der ständig umstrittene Berliner Mietspiegel schaffe in angespannten Märkten aufgrund der Rechtsgrundlagen keine wirksame Mietenbegrenzung.

Konkret favorisiert Wild das anfangs von Stadtentwicklungssenatorin Lompscher vorgeschlagene Modell von Mietobergrenzen, differenziert nach Baualter des Wohngebäudes und Wohnungsgröße. Zusätzlich sollten mögliche Mieterhöhungen stadtweit klar auf ein sozialverträgliches Niveau begrenzt werden. Die bisher geltende sogenannte Kappungsgrenze, nach der Mieten innerhalb von drei Jahren um maximal 15 Prozent bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete im Mietenspiegel erhöht werden dürfen, hält Wild für unsozial. Demnächst will der Mieterverein ein eigenes Konzept zum angestrebten Stopp des Mietenanstiegs vorstellen.

CDU und FDP laufen gegen Mietendeckel Sturm

 Die Oppositionsparteien CDU und FDP kritisierten den Entwurf am Mittwoch heftig. „Die heute bekannt gewordenen Eckpunkte für einen Mietendeckel erscheinen unausgegoren und rechtlich angreifbar, so dass sie in einem jahrelangen Streit vor dem Verfassungsgericht münden könnten“, sagte der CDU-Wohnungsexperte Christian Gräff. Die FDP-Finanzpolitikerin Sibylle Meister hält den Senat „selbst für den größten Mietentreiber“. Sie forderte eine Neubau-Offensive. Der Mietenstopp werde langfristig nicht zu einer Entlastung des Berliner Wohnungsmarktes führen.