/Tod von Radfahrerin durch abbiegenden Lkw verursacht

Tod von Radfahrerin durch abbiegenden Lkw verursacht

Für die Radfahrerin, die am Mittwoch am Kottbusser Tor bei einem Unfall ums Leben kam, findet am Donnerstag vor Ort eine Mahnwache statt. Wie der Verein Changing Cities mitteilte, beginnt diese um 17.30 Uhr, und zwar in Höhe der Reichenberger Straße. Am Freitag will der ADFC ein Geisterrad aufstellen an der Unfallstelle, anschließend gibt es eine Fahrraddemo zum Bundesverkehrsministerium.

Am Kottbusser Tor hatte ein Lastwagen in dem Kreisverkehr die 68-jährige Radfahrerin überrollt und getötet. Nach Polizeiangaben wollte der Lkw von der Kottbusser Straße nach rechts in die Skalitzer Straße abbiegen. Die Frau fuhr in gleiche Richtung – ob sie geradeaus wollte oder ebenfalls rechts abbiegen wollte, ist laut Polizeipräsidium nicht geklärt. Erneut ist also eine Radfahrerin durch diesen klassischen Rechtsabbieger-Unfall getötet worden. Die Seniorin wohnte im Bezirk, dürfte den Weg also gekannt haben. An dem Kreisel hat es in den vergangenen Jahren mehrere tödliche Unfälle gegeben, zuletzt vor zwei Jahren: Dabei wurde eine 63 Jahre alte Fußgängerin von einem rechtsabbiegenden Lkw getötet.

„Wie viele Menschen müssen sterben?“

Der Verein, der aus dem Radentscheid entstanden ist, forderte die Berliner Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) auf, endlich tätig zu werden. „Frau Günther, das Mobilitätsgesetz schreibt Maßnahmen zur Erreichung der Vision Zero vor, also Null Verkehrstote und keine Schwerverletzten“, sagte Kerstin Leutloff von Changing Cities. „Im Gesetz ist festgelegt, dass im ersten Jahr (2018/2019) zehn und im zweiten Jahr 20 Kreuzungen in Berlin sicherer gemacht werden sollen. Wie viele Menschen müssen sterben, bis Sie entsprechend reagieren?“

Karte: Tödlicher Unfall mit Radfahrerin an Kottbusser Tor in Kreuzberg

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) hat mehr Schutz für Radler und Fußgänger gefordert. Gebraucht werde eine verpflichtende Sicherheitstechnik in Lkw, um Kollisionen zu verhindern, teilte der Verein am Donnerstag auf Twitter mit.

Aktivisten kritisieren Verkehrssenatorin Günther

Denis Petri von Changing Cities erinnerte daran, dass nach jedem schweren Unfall die Ursachen analysiert und entschärft werden müssen, so steht es im Mobilitätsgesetz. „Laut der senatseigenen Darstellung wurde die Kreuzung überprüft mit dem Ergebnis: Keine Maßnahme“, teilte der Verein mit. „Es macht fassungslos und wütend, was in Berlin geschieht. Vielleicht ist es an der Zeit, die Arbeit der Unfallkommission grundsätzlich zu hinterfragen und diese neu aufzustellen, wenn das Ergebnis nur immer neue Tote sind.“ Der Paradigmenwechsel in der Verkehrspolitik, den Rot-Rot-Grün angekündigt hatte, werde „von Frau Günthers Haus noch nicht ausreichend vollzogen“, kritisierte Petri.

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2008 hatte die Unfallkommission des Senats den Kreuzberger Kreisel untersucht. Ergebnis: Gefahr droht Fußgängern und Radfahrern von Autofahrern, die die Kurven über die auf der Fahrbahn markierten Radspuren schneiden. Im Jahr 2008 zählte die Polizei auf dem Platz 229 Unfälle, nur am Frankfurter Tor waren es damals mehr. Für 750 000 Euro wurden zusätzliche Ampeln aufgestellt und die Einmündungen teilweise verlegt. Das Abbiegen ist seitdem nur noch einspurig gestattet.

Zuvor hatten Abbieger in zweiter Spur den Radfahrern oft die Vorfahrt genommen. Damit Radfahrer den stark befahrenen Kreisverkehr sicherer passieren können, würden Autofahrer „ausgebremst“, hatte ein Planer der Verkehrsverwaltung damals gesagt. In der offiziellen Sprachregelung der Verwaltung hieß das „weniger fahrdynamisch“. 2009 war der Umbau angekündigt worden, dieser zog sich über mehrere Jahre hin. Regelmäßig tauchte der Kreisel weiter in den Jahresbilanzen als Unfallschwerpunkt für Fußgänger oder Radfahrer. Der Radentscheid hatte bereits vor Jahren kritisiert, dass die Abbiegegeschwindigkeit von Autos durch diesen Umbau nicht ausreichend reduziert worden sei, zum Beispiel durch „eckigeres“ Abbiegen.

Am Freitag gibt es die nächste Mahnwache

Am Freitag, ebenfalls um 17.30 Uhr, rufen Vereine wie Changing Cities und ADFC sowie der Fußgängerverband „Fuss“ gemeinsam zur nächsten Mahnwache auf. Denn nur wenige hundert Meter vom Kottbusser Tor entfernt war in der Adalbertstraße in Höhe Hausnummer 87 der erste Fußgänger des Jahres getötet worden. Der 81-Jährige war am Montag seinen schweren Kopfverletzungen erlegen.