Ein harter Brexit kann Ifo-Chef Clemens Fuest zufolge eine Rezession in Deutschland auslösen. „Wenn jetzt Realität wird, dass sozusagen das schlechteste Szenario auftritt, dann könnte das der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt“, sagte der Präsident des Münchner Wirtschaftsforschungsinstituts im Deutschlandfunk.
„Das könnte dazu führen, dass wir von einem schwachen Wachstum zu einer leichten Schrumpfung der Wirtschaft übergehen. Und das würde man dann eine Rezession nennen.“ Auf dem Arbeitsmarkt dürfte sich dies zunächst nicht niederschlagen, könnte aber mittelfristig auch hier zu einem Problem werden.
„Es gäbe lange Schlangen an den Grenzen“
Die britische Premierministerin Theresa May unternimmt in dieser Woche einen neuen Anlauf, um einen Ausweg aus der Brexit-Blockade zu finden. Dann entscheidet sich womöglich auch, ob es Neuwahlen geben wird. Im Tagesverlauf berät das Parlament abermals über einen Alternativplan zu dem von May mit der EU ausgehandelten Austrittsvertrag, den die Abgeordneten am Freitag zum dritten Mal abgelehnt hatten. Medienberichten zufolge könnte es dann am Dienstag zu einer Stichwahl zwischen den beiden Vorschlägen kommen.
Fuest sagte dem Deutschlandfunk: „Natürlich kann man das May-Abkommen jetzt nehmen. Aus meiner Sicht wäre es aber besser, statt jetzt unter Hochdruck abzustimmen, die Frist ganz erheblich noch mal zu verlängern, und zwar um so etwas wie zwei Jahre.“ Zwar müsste Großbritannien dann an der Europawahl teilnehmen, könnte aber noch mal grundlegend nachdenken.
Ein EU-Abschied Großbritanniens ohne Vertrag würde wohl den Handel beeinträchtigen. „Es gäbe lange Schlangen an den Grenzen“, sagte Fuest. Viele Unternehmen seien nur auf Unterbrechungen von wenigen Wochen eingestellt. Als größten Verlierer sieht der Wissenschaftler aber Großbritannien, auch wenn es dem Land gelänge, neue Freihandelsabkommen abzuschließen – etwa mit den USA oder Australien.
„Handel betreibt man vor allem mit seinen Nachbarn. Das ist nunmal die EU“, sagte Fuest. „Die Gewinne, die man erzielen kann im Handel mit den USA sind überhaupt nicht zu vergleichen mit den Verlusten, die ein harter Brexit im Austausch mit Europa bedeutet.“