Der neue Maserati MC20 möchte gesehen werden. Dabei ist ihm die Aufmerksamkeit aller doch schon dadurch gewiss, dass mit ihm eine neue Ära bei Maserati eingeläutet wird. Mit dem MC20 hat der Autobauer aus Modena seit langer Zeit mal wieder einen Zweisitzer, einen echten Supersportler, im Portfolio. Anders als bei dem hauseigenen SUV und den Sportlimousinen setzen die Italiener beim MC20 klar auf Performance – und öffnen sich dem lukrativen Sportwagen-Markt. Einer, der wie kaum ein anderer eine unwiderstehliche Anziehungskraft ausstrahlt. (Lesen Sie auch: Brachiale Optik und Power – So fährt der leistungsstärkste McLaren mit Straßenzulassung)
Maserati MC20: Der etwas andere Supersportwagen
Als eine „rollende Skulptur“ bezeichnet Designchef Klaus Busse den jüngsten Entwurf aus der Maserati-Schmiede, der es in Serie geschafft hat. Und tatsächlich: Wie vor einem Meisterwerk in einem Museum entdeckt man beim MC20 immer wieder neue feine Details, die diesen Supersportwagen optisch so sehr von der, nicht nur italienischen, Konkurrenz unterscheiden – und eben typisch Maserati sind.
Was aber zuallererst auffällt: Der MC20 ist flach – sehr flach! Steht der groß gewachsene Busse neben dem Sportwagen, fragt man sich tatsächlich, ob er in den Wagen überhaupt reinpasst. 1,22 Meter misst die erste von drei Koordinaten, in die der Wagen unterteilt ist: die Höhe. So hoch, dass der Fahrer – selbst Busse, wie er uns versichert – genug Platz und Kopffreiheit in der Kabine hat. Aerodynamisch sei der MC20 laut dem Head of Design von Fiat, Alfa Romeo, Abarth und Maserati so gestaltet, dass ein „Long-Tail-Effekt“ entsteht, der dem eines Coupés gleicht. Die Luft liegt extrem sauber am Fahrzeug an und separiert sich erst am Heck. Das bedeutet: geringer Luftwiderstand und damit höherer Topspeed. Der liegt beim MC20 bei 325 km/h.
MC20: Erster Maserati mit hauseigenem 630 PS-starken Motor
Ähnliche Topspeed-Werte kennen wir schon von den Trofeo-Modellen, allerdings beschleunigt der neueste Dreizack wesentlich schneller als Ghibli, Quattroporte oder Levante. In unter drei Sekunden sprintet der Italiener auf Tempo 100, die 200-km/h-Marke ist in knapp 8,5 Sekunden erreicht. Zahlen, die eines Supersportlers würdig sind und ihm deshalb den Namenszusatz der hauseigenen Motorsportabteilung, Maserati Corse (MC), einbringen. Zum Vergleich: Die bis dato stärksten Maserati-Trofeo-Modelle brauchen für den Sprint von null auf hundert allesamt über vier Sekunden. Der MC20 hat mit 630 PS allerdings auch den stärksten Maserati-Motor: einen 3,0-Liter-V6, der erstmals nicht von Ferrari stammt und den passenden Namen „Nettuno“ trägt. Dreizack und römischer Wassergott Neptun sind also vereint, und wirklich alles beim MC20 ist damit „Made in Modena“.
Maserati MC20 beweist Größe durch Understatement
Der Italiener protzt jedoch nicht offensichtlich mit seiner Manneskraft, er ist ganz Gentleman. Klar, auf dem Papier steht da ein Supersportler – optisch aber will der Zweisitzer erkundet werden, der Blick soll von einem Detail zum nächsten wandern. Nicht alles ist sofort ersichtlich, der MC20 ist der Supersportwagen auf den zweiten Blick. Der Hauptlufteinlass für den Motor zum Beispiel fällt von der Seite aus betrachtet kaum auf. Von potenten Wettbewerbern kennt man das anders. Die geizen oft nicht mit ihren Reizen und erwecken fast den Eindruck, sie seien um den Lufteinlass herum entworfen worden. Auch einen markanten ausfahrbaren Heckspoiler sucht man beim MC20 vergebens. Damit wirkt der Wagen zwar weniger aggressiv, hat allerdings auch mehr Stauraum: 150 Liter passen vorn und hinten rein. Für einen Supersportler ist das viel – und zeigt: Die typischen Maserati-Gene hat auch der MC20 nicht verloren. (Auch interessant: Maserati Quattroporte S Q4 und Co. – 3 Power-Limousinen im Paxistest)
Wie bei den Sportlimousinen Ghibli und Quattroporte und dem SUV Levante versucht der italienische Autobauer Sportlichkeit mit Komfort und Alltagstauglichkeit zu verbinden. Neben dem Kofferraumvolumen sind auch die Sitze des jüngsten und sportlichsten Entwurfs aus Modena ein Indiz dafür: Es gibt zwar harte Schalensitze, allerdings optional. Der MC20 soll mit Sitzen aus Alcantara-Velourskunstleder auch auf längeren Strecken, etwa in den Kurzurlaub, zum Einsatz kommen und komfortable GT-Qualitäten beweisen.
Mit optischen Highlights geizt der Supersportler trotzdem nicht
Ein echter Eyecatcher sind die Türen, besser gesagt deren Öffnungsmechanismus. Scherentüren, die nicht nur nach oben, sondern auch leicht zur Seite öffnen und sogar einen Teil der 20-Zoll-Räder freilegen, sorgen für einen effektvollen Einstieg ins Auto, den es so bei Maserati noch nie gab. 1971 stellten die Italiener zwar die Designstudie Maserati Boomerang mit Flügeltüren vor, in Serienproduktion ging der Prototyp, eine Luxusversion des legendären DeLorean DMC-12 aus „Zurück in die Zukunft“, aber nie. Sehr gut gefallen uns auch die Schlaufen zum Zuziehen der beiden Türen, die an Henkel von Aktentaschen erinnern, wie es sie bei italienischen Luxus-Modelabels zu kaufen gibt.
Ebenfalls auffällig, aber geschmackvoll: Maserati greift bei den neu designten Felgen noch einmal sein Firmenlogo auf. Ebenso bei der Heckscheibe, dort allerdings in Form eines leicht abstrahierten Dreizacks. Weil es sich damit aber schlecht einparken lässt, projiziert der MC20 ein Bild der Rückkamera auf den digitalen Innenspiegel. Einzigartig für einen Supersportler und, Sie erinnern sich, erneut ganz im Sinne der Alltagstauglichkeit. Abgesehen von diesem technischen Highlight wirkt der Innenraum sehr aufgeräumt, die Designer konzentrieren sich auf das Fahrerlebnis. Eine Mittelkonsole mit vier Bedienelementen, ein 10,25 Zoll großer Touchscreen am Armaturenbrett und ein paar Schalter am Lenkrad: That’s it! (Lesen Sie auch: Aston Martin Victor – Dieses Auto gibt es nur einmal auf der Welt)
Maserati MC20: Preis und Verkaufsstart des neuen Supersportlers
Anfang kommenden Jahres wird es dann so weit sein: Der MC20 wird ausgeliefert. Der Preis: ab 200.000 Euro. Sechs Farben stehen zum Marktstart zur Auswahl. Für Maserati läutet dieses Modell eine neue Ära ein, mit neuem eigenen Motor und dem Ziel, sich wieder im Sportwagen-Segment zu etablieren. Die Hochleistungsdaten und das extravagante Design versprechen jedenfalls viel – und wer denkt, ein solcher Verbrenner entspreche nicht dem Zeitgeist, dem sei gesagt: Maserati arbeitet natürlich schon am elektrifizierten Supersportler. Überlegungen, wie das Auto ohne Kühlungselemente aussehen könnte, habe man laut Designchef Klaus Busse bereits jetzt in das Design einfließen lassen. Der MC20 soll nur der Anfang einer großen neuen Modell-Familie sein. (Auch interessant: Der neue Maserati Ghibli Hybrid begeistert mit mehr Power aber weniger Verbrauch)