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Präsidentenwahl in der Ukraine: Selensky laut Prognosen in Führung



Bei der Präsidentenwahl in der Ukraine ist der Schauspieler und Politik-Neuling Wolodymyr Selensky Prognosen zufolge als Sieger aus dem ersten Wahlgang hervorgegangen. Da der 41-jährige Komiker jedoch die absolute Mehrheit verfehlte, gibt es wahrscheinlich eine Stichwahl mit Amtsinhaber Petro Poroschenko. Diese findet voraussichtlich am Ostersonntag, dem 21. April, statt. Beide stehen für eine klare West-Orientierung des Landes.

Selensky kam laut Wahlnachbefragungen auf rund 30 Prozent der Stimmen. Poroschenko erhielt nur 17,8 Prozent. Offizielle Ergebnisse werden im Laufe der Nacht zum Montag erwartet.

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Insgesamt sind zur Wahl 39 Kandidaten angetreten. Nach aktuellem Auszählungsstand hat kein Kandidat die absolute Mehrheit erreicht. Am 21. April kommt es demnach zu einer Stichwahl zwischen Selensky und Poroschenko.

Entscheidung zwischen Komiker und „Schokozar“

Die Entscheidung zwischen dem Komiker und dem „Schokozaren“, wie Poroschenko wegen seines Süßwaren-Imperiums genannt wird, dürfte spannend werden. Beide Seiten werben um die Wähler der unterlegenen Lager.

Poroschenkos Gegnerin, die Ex-Regierungschefin Julija Tymoschenko, landete laut Prognosen mit 14,2 Prozent der Stimmen auf dem dritten Platz.

Umfragen hatten Selensky im ersten und im zweiten Wahlgang als Sieger gesehen. Er spielt in der populären Fernsehserie „Sluha narodu“ – Diener des Volkes – seit Jahren einen bodenständigen und ehrlichen Präsidenten. Dabei prangert er etwa die Korruption an. In der Ex-Sowjetrepublik ist der Frust bei vielen Menschen über fehlende Fortschritte groß.

Im Video: Präsidentschaftswahl als „Test für die Demokratie“

Die rund 30 Millionen Wahlberechtigten in der Ukraine konnten unter insgesamt 39 Kandidaten wählen. So viele Bewerber gab es noch nie bei einer Abstimmung über den mächtigsten Posten in dem Krisenland. Der Wahlsonntag verlief weitgehend ruhig. Vereinzelt gab es Vorwürfe der Manipulation. Die Wahlbeteiligung lag um 15 Uhr Ortszeit (14 Uhr MESZ) bei rund 45 Prozent, wie die Kommission mitteilte.

Die von Russland unterstützten abtrünnigen Regionen Donezk und Luhansk im Kriegsgebiet Donbass nahmen nicht an der Abstimmung teil. Die Sicherheitsvorkehrungen waren landesweit hoch. Zehntausende Einsatzkräfte waren abgestellt, um Zwischenfälle zu verhindern.

Der Urnengang galt als großer Stimmungstest nach den proeuropäischen Protesten auf dem Maidan, dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew, vor fünf Jahren. Der Aufstand, bei dem mehr als 100 Menschen starben, führte 2014 zum Machtwechsel. Damals hatte der superreiche Unternehmer Poroschenko nach dem Sturz von Präsident Viktor Janukowitsch im ersten Wahlgang mit rund 55 Prozent der Stimmen gewonnen.

Selensky zeigte sich bestens gelaunt. „Wir sind ein demokratisches Land. Je mehr Kandidaten, umso besser. Das bedeutet mehr Demokratie“, sagte er bei der Stimmabgabe. „Heute beginnt ein neues Leben – ohne Korruption, ohne Schmiergeld.“ Kritiker werfen dem Komiker politische Unerfahrenheit, Planlosigkeit und Populismus vor.

Von einer Schicksalswahl sprach Poroschenko: „Diese Wahl ist eine absolute Grundvoraussetzung für unsere Bewegung vorwärts, zu unserer Mitgliedschaft in EU und Nato.“ Nach dem Bekanntwerden der Ergebnisse zeigte er sich trotz des herben Stimmverlusts siegessicher für den zweiten Durchgang. „Sie werden weiter mit Poroschenko arbeiten müssen“, sagte er. Zugleich nannte er die Einbußen bei den Stimmen eine „harte Lehre“. Er habe „klar das Signal der Gesellschaft vernommen.“

Poroschenko und Selensky hatten vorab auch erklärt, sie wollten die territoriale Unversehrtheit der Ukraine wiederherstellen. Neben den selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk wollen sie auch die von Russland einverleibte Schwarzmeer-Halbinsel Krim wieder unter ukrainische Hoheit stellen.